Der Terror hat die Programmabläufe der Fernsehsender gehörig durcheinander gewirbelt. Speziell ARD und ZDF bemühen sich um eine fundierte, hochaktuelle Berichterstattung. Dass dabei vieles glückt und manches misslingt, liegt wohl in der Natur der Sache.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Am stärksten ist aktuelle Fernsehberichterstattung bei vorhersehbaren Ereignissen. Dann können die Redaktionen ihre Kompetenz und Personalstärke voll ausspielen. Die größten Zitterspiele hingegen werden geboten, wenn die Sender von Terrorakten oder Katastrophen überrollt werden. Daraus entwickeln sich entweder packende TV-Ereignisse oder zum Gähnen langweilige Dauerschleifen mit Korrespondenten, die mangels neuer Informationen nur Sprechblasen abliefern.

 

Der Dienstagabend war eine Mischung von beidem: Das Länderspiel Deutschland – Holland hatte seit Freitag eine hohe symbolische Bedeutung bekommen. Zumindest das ZDF als der für die Übertragung zuständige Sender musste vorbereitet sein. Dann wurde das Spiel wegen Terrorgefahr abgesagt, und es kehrte die alte Unsicherheit ein, wie damit umzugehen ist. So pendelten ZDF und ARD zwischen Information, seichter Unterhaltung, Krimi und Satire – ohne eine klare journalistische Linie.

Meist viel Kritik in den sozialen Medien

Im Zweiten schaltete sich Claus Kleber ein: Dass sich der Anchorman – bei aller Verwirrung über die Vorgänge in Hannover – kaum aus der Fassung bringen lässt, war zu erwarten. Gerade in unübersichtlichen Lagen zeichnet er sich wie auch Marietta Slomka durch einen sachlichen, analytischen Ton aus. Ungewohnt war es für manchen Zuschauer, dass „Tagesschau“-Sprecherin Judith Rakers aus der Vorleserolle heraustreten durfte, um etwa Interviews zu führen. Dabei moderiert sie seit fünf Jahren den Talkshow-Dinosaurier „3 nach 9“ von Radio Bremen – womit Rakers freilich eher im Fach Unterhaltung angesiedelt ist.

Es ist leicht, über Fernsehmacher in solchen Situationen herzufallen, so wie dies in den sozialen Medien mit großer Selbstverständlichkeit passiert. Tatsächlich folgen Schreckensereignisse keinen Automatismen, also kann die Berichterstattung darüber nicht in Schemata gepresst werden. Festzuhalten ist, dass sich die Sender verbessert haben. Unter dem Druck der Online-Medien hat der flexible Nachrichtentransport an Bedeutung gewonnen. Musste man vor wenigen Jahren nach Sondersendungen suchen, sind aktuelle Einschübe heute obligatorisch. Wer darüber hinaus auf dem Laufenden gehalten werden will, kann theoretisch zu den Nachrichtenkanälen wechseln. Praktisch bieten Phoenix, n-tv oder N24 dann auch nicht mehr. Im Gegenteil: Da werden Interviews so oft wiederholt, bis man entnervt umschaltet. Und will der Zuschauer wirklich Augenzeuge unergiebiger Pressekonferenzen werden?