Jungunternehmer Dennis Dean Fischer ist mit einer kleinen Näherei auf der Alb erfolgreich.
Pfullingen - Während andere junge Männer Anfang 20 vielleicht gerade über ein Urlaubssemester oder einen Masterstudiengang nachdenken, hat Dennis Dean Fischer bereits Verantwortung für elf Mitarbeiterinnen. Anfang 2015 hat der damals 22-Jährige eine Näherei in Pfullingen bei Reutlingen übernommen. Gut eineinhalb Jahre sind seither – jetzt steht der junge Mann samt Assistentin in seinem Betrieb. Die Nähmaschinen laufen von Montag bis Freitag durch, die Näherinnen sitzen von 7 bis 17 Uhr an den Stoffen aus denen Fischers Traum gemacht ist. „Es ist ein beruhigendes Gefühl, das Geräusch der laufenden Maschinen zu hören“, sagt er und klingt damit beinahe wie ein Textilpatriarch aus früheren Zeiten.
Als wäre es nicht schon ungewöhnlich genug, dass ein 22-Jähriger ein Unternehmen übernimmt. Erstaunlich ist auch die Branche, in der er das macht: Fischer ist in die Textilproduktion in Baden-Württemberg eingestiegen, und der ging es vor einigen Jahren noch deutlich besser als heute.
Branche hat einen Strukturwandel hinter sich
Während sich der Umsatz laut dem Branchenverband Südwesttextil beispielsweise im Textilgewerbe in Baden-Württemberg in den 80er- und 90er-Jahren im Vergleich zum Jahr 1960 mehr als verdoppelte, lag der Gesamtumsatz im vergangenen Jahr bei rund 2,16 Milliarden Euro und damit sogar unter dem Niveau von 1960. Ähnlich sieht es bei der Anzahl der Unternehmen aus: Zählte das Textilgewerbe im Jahr 1960 noch 1184 Betriebe in Baden-Württemberg sind es 2015 noch 123. In der Bekleidungsindustrie, die Sparte in der Fischer mit seinem Konfektionsbetrieb tätig ist, sieht es nicht besser aus: Gab es 1995 in Baden-Württemberg noch 257 Betriebe dieser Art, waren es 2015 nur noch 54. Ebenso hat sich die Zahl der Beschäftigten deutlich reduziert:1960 waren es im Textilgewerbe 168 721 Beschäftigte, 2015 gerade mal noch 11 632. Ähnliches gilt für die Bekleidungsindustrie, die 1995 noch 25 288 Mitarbeiter beschäftigte, im vergangenen Jahr nur noch 9743. Ein deutschlandweiter Trend, den das Bundeswirtschaftsministerium so beschreibt: „Die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie befindet sich seit 1970 in einem nachhaltigen Strukturwandel, der mit einer relativen Verschlechterung ihrer Position sowohl auf dem Weltmarkt für Textilien und Bekleidung als auch im Vergleich zu anderen Branchen im Inland einherging. So hat die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie seit 1970 etwa neun Zehntel ihrer Betriebe und Beschäftigten verloren.“
Kein Betriebswirt, sondern ein Modedesigner
Während die meisten großen Modemarken billiger im Ausland als in Deutschland produzieren und nähen lassen, setzt Fischer mit seiner Näherei in Pfullingen ein Zeichen für Regionalität und faire Löhne. Dafür braucht mal wohl eine ziemlich große Portion Mut, vor allem, wenn man wie Fischer nicht gerade Betriebswirtschaft studiert hat. Der 23-Jährige ist gelernter Modedesigner, 2015 schloss er die Grundausbildung zum Maß- und Modeschneider auf dem Berufskolleg für Mode und Design in Metzingen ab.
Damals arbeitete er bereits als Produktionsleiter bei der Firma Belinski, auch einem Textilkonfektions-Betrieb. Kurz darauf übernahm er den Betrieb und änderte den Firmennamen auf Dean. Sein eigenes Modelabel, woran sein Herz als Designer hängt, führt er ebenso unter Dean.
„Die Übernahme hat sich später als Neugründung herausgestellt. Aber der Konfektionsbetrieb ist ein super Fundament, um darauf in Zukunft mein eigenes Label aufzubauen. Das musste in letzter Zeit hinten anstehen. Das geht alles nicht so schnell wie man es sich wünscht, aber Marc Cain war ja auch nicht von Anfang an ein riesiger Konzern“, sagt er mit Blick auf das bekannte Modelabel.
Der Anfang sei alles andere als leicht gewesen, erzählt der Jungunternehmer. Vor allem, weil ihm die meisten Banken einen Kredit verwehrt hätten. „Alle rufen immer nach den jungen, fleißigen, innovativen Leuten, doch wenn es dann so jemanden gibt, scheitern viele Dinge doch am Alter“, lautet seine Erklärung dafür, dass ihn kaum eine Bank finanziell unterstützen wollte. Schließlich wurde er doch noch fündig – und ist seitdem nach eigenen Angaben sehr erfolgreich. Was das in konkreten Zahlen heißt, dazu hält sich Fischer bedeckt: „Wir sind ein Start-up-Unternehmen, und deshalb möchte ich jetzt noch nicht über Umsätze sprechen. Bislang führe ich noch eine Einzelfirma. Auf lange Sicht soll daraus aber eine GmbH werden“, blickt er nach vorn.
Die Maschinen laufen rund
Über fehlende Aufträge kann sich Fischer allem Anschein nach nicht beklagen, die Maschinen laufen seinen Angaben zu Folge rund. Zu seinen Kunden zählen Naturtextilhersteller aus der Region, wie etwa Engel oder Kaipara, aber auch junge Labels wie beispielsweise Börd Shirt aus Berlin oder GIX aus Tübingen.
Auf lange Sicht will Fischer einen Showroom – auch mit Damenbekleidung aus seiner eigener Kollektion – in Pfullingen einrichten. Kurzfristig beschreibt er sein Ziel aber erst einmal so: „Ich stelle mir vor, dass wir weiterhin mit unseren Hauptkunden zusammenarbeiten, und ich parallel dazu mein Modelabel führen kann, das ich natürlich auch hier produzieren werde. Aber jetzt wird erst einmal daran gearbeitet, den Betrieb voran zu bringen, damit wir ein solides Fundament dafür haben.“ Neues und weitere Details von seinem eigenen Label plant Fischer dann ab 2017.