Die TGV-Verbindung zwischen Stuttgart und Paris ist ein großer Erfolg. Seit Juni 2007 sind zehn Millionen Fahrgäste mit dem bis zu 320 Stundenkilometer schnellen Zügen zum Eiffelturm gereist. In Stuttgart haben wir Reisende nach ihrer Meinung zum TGV gefragt.

Stuttgart - Gleis 11 am Stuttgarter Hauptbahnhof: überraschend leise rollt der TGV Euroduplex an den Bahnsteig. Blau und Silber sind die markanten Farben der Außenhaut des Hochgeschwindigkeitszugs aus Paris. Aluminium und Verbundwerkstoffe halten das Gewicht der aus zwei Triebköpfen und acht doppelstöckigen Mittelwagen bestehenden Garnitur gering und machen den „Train à grande vitesse“ (TGV) fit für eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 320 Stundenkilometern.

 

Diese Szene gehört seit dem 10. Juni 2007 zum Alltag auf dem Stuttgarter Hauptbahnhof. Seitdem verkehren täglich bis zu vier Zugpaare zwischen der Landeshauptstadt und der französischen Metropole. Am Freitag konnte das deutsch-französische Projekt auf der Schiene am Hauptbahnhof mit dem Feuerbacher Lothar Fritzenschaft den zehnmillionsten TGV-Fahrgast begrüßen. Bei der nächsten Paris-Reise hat er deshalb einen Gutschein für einen exklusiven Restaurantbesuch dabei.

Von 2016 an geht es noch schneller

Bei der Pressekonferenz würdigte Ingo Rust, Staatssekretär im Landesministerium für Finanzen und Wirtschaft, die schnelle Verbindung: „Dass man bis nach Paris nur etwas mehr als dreieinhalb Stunden braucht, ist gut für die wirtschaftliche Kooperation mit Frankreich.“ Vom Frühjahr 2016 an soll es sogar noch 30 Minuten schneller – und dann mit täglich fünf Verbindungen – in die französische Hauptstadt gehen. „Dank eines Streckenneubaus auf einem 100 Kilometer langen Abschnitt zwischen Baudrecourt und Vendenheim könnten die TGV-Züge dann Paris von Stuttgart aus in 190 Minuten erreichen“, sagte Frank Hoffmann, Geschäftsführer von Alleo, der deutsch-französischen Vermarkungsgesellschaft. Laut Umfragen seien über 90 Prozent der Fahrgäste mit dem Service sehr zufrieden.

Doch nicht nur von Stuttgart aus führen schnelle Schienenwege nach Frankreich. Auf der „Nordstrecke“ verbindet der TGV in drei Stunden und 50 Minuten zweimal täglich Frankfurt mit Paris, Gare de l’Est. Auf der gleichen Trasse fahren außerdem täglich drei ICE. Künftig soll diese Verbindung verdoppelt werden, dann sind sechs ICE am Tag unterwegs. Auf beiden Trassen zusammen hat der TGV seit 2007 zehn Millionen Passagiere befördert.

Hoher Marktanteil für Hochgeschwindigkeitszüge

„Stuttgart und Paris sind durch die TGV-Verbindung schlagartig zueinandergerückt“, sagt Frank Baasner, der Direktor des Deutsch-Französischen Instituts in Ludwigsburg. Für ihn stellt sich nur eine Frage: „Warum kam das so spät?“ Um gleich darauf die Antwort zu geben: in der ersten TGV-Phase habe der Fokus auf den innerfranzösischen Zentren gelegen, die man rasch mit neuen Trassen versehen hätte. Straßburg hatte da schon nicht mehr seine frühere wirtschaftliche Bedeutung. „Der Osten Frankreichs sah anfangs nur ältere TGV. Aber mit der Idee, die großen europäischen Linien zu bauen, kommen inzwischen auch moderne, doppelstöckige Euroduplex-Garnituren bis nach Stuttgart.“

Zum Erfolg bei den Fahrgästen trugen und tragen gemischte Teams von Zugbegleitern aus Frankreich und aus Deutschland maßgeblich bei – und das im Juni 2007 von SNCF (Société nationale des chemins de fer français) und Deutscher Bahn gegründete und paritätische Tochterunternehmen Alleo.

Bei den Bahngesellschaften brachte die Kooperation die Marktführerschaft auf der Strecke Stuttgart–Paris: Kumuliert haben 107 263 Gäste zwischen Januar und Juli 2014 das Flugzeug gewählt und 206 175 die TGV-Verbindungen. Das sind 66 Prozent Marktanteil für die Hochgeschwindigkeitszüge, Autofahrten ausgenommen.

Die wachsende Popularität der Schiene kann auch Flughafen-Sprecher Volkmar Krämer an den Passagierzahlen zwischen Echterdingen und dem Flughafen Charles de Gaulle ablesen: 228 000 Hin- und Rückreisen verbuchte man noch 2012, ein Jahr später waren es 199 000 – ein Rückgang, der deutlich über dem in diesem Zeitraum allgemein beobachteten Passagierschwund von 1,4 Prozent liegt. „Der Markt regelt das“, sagt Krämer, „die Airlines fliegen ja, um Geld zu verdienen.“

Stuttgart profitiert von schneller Anbindung

Werner Graf, Sprecher der Deutschen Bahn, hat als gebürtiger Saarländer eine ausgeprägte Affinität zu „seiner zweiten Heimat“ Frankreich und zu „seiner Traumstadt“ Paris. Er gerät ins Schwärmen: „Vier Duplex-Zugpaare bedeuten täglich 4072 Plätze für Passagiere zwischen Stuttgart und Paris.“ Er ist sicher: der Bahnhof Stuttgart und die Stadt profitieren von der Bahntrasse zwischen Neckar und Seine.

Auch Andrea Gerlach von Stuttgart Marketing betont, wie wichtig die Strecke von Paris nach Stuttgart ist. Seit Eröffnung der TGV-Verbindung seien die Übernachtungszahlen französischer Gäste um 15 Prozent gestiegen. Außerdem sei die SNCF ein sehr guter Partner, so Gerlach: „In der Vorweihnachtszeit konnten wir im TGV auf den Weihnachtsmarkt in Stuttgart aufmerksam machen.“

Von einer „inzwischen etablierten Verbindung, die auch für Geschäftsreisende interessant ist“, spricht Bernd Engelhardt von der Stuttgarter Industrie- und Handelskammer: „Durch sie gelangen auch europäische Gäste in die Landeshauptstadt und in die Region. Sie ist aus heutiger Sicht unverzichtbar – und durch den weiteren Ausbau des europäischen Schienennetzes wird die Verbindung zwischen Paris und Stuttgart noch wertvoller.“ Er weiß: Frankreich ist innerhalb Europas unverändert der wichtigste Handelspartner und Exportmarkt für Baden-Württemberg – für den Maschinenbau, bei Fahrzeugteilen und bei chemischen Erzeugnissen.