Der Prozess gegen Thomas Drach wegen vier Raubüberfällen und versuchten Mordes läuft seit bald zwei Jahren – und immer wieder gibt es neue Überraschungen. Jetzt will der frühere Reemtsma-Entführer plötzlich seine Verteidiger loswerden.

Nachdem SEK-Beamten ihn bis vor den Gerichtssaal gebracht haben, geht Thomas Drach grußlos und ohne das sonst übliche „Shakehands“ an seinen beiden Verteidigern vorbei. Mit deutlichem Abstand nimmt der 62-Jährige am Freitag demonstrativ auf der Anklagebank im Kölner Landgericht Platz. Der Vorsitzende Richter bemerkt trocken: „Ah, neue Sitzordnung.“ Dann fragt er: „Es gibt Klärungsbedarf, Herr Drach?“ Der 62-Jährige knurrt nur: „Ja.“

 

Dann platzt an diesem 98. Verhandlungstag auch schon die Bombe: Der frühere Reemtsma-Entführer hat in zwei Schreiben an das Gericht die Entpflichtung seiner beiden Verteidiger beantragt. Zur Begründung holt Drach am Freitag in einer vom Blatt abgelesenen Erklärung zum Rundumschlag aus. So sei etwa einer der Verteidiger von einem Oberstaatsanwalt „gekauft“ und in die Sitzungsvertreterinnen der Staatsanwaltschaft verliebt. Einzige Konsequenz, die das Gericht ziehen könne, sei die Entlassung der Verteidiger und die „sofortige Einstellung des Verfahrens gegen mich“, meint Drach.

Dem 62-Jährigen werden in dem seit Februar 2022 laufenden Prozess vier Raubüberfälle auf Werttransporter in Köln, Frankfurt am Main sowie im hessischen Limburg vorgeworfen. Weil er auf zwei Geldboten geschossen und diese erheblich verletzt haben soll, ist er zudem wegen versuchten Mordes angeklagt.

Beobachter bezeichnen den Antrag Drachs als „krude“

Drach macht am Freitag erneut Andeutungen darüber, dass eine von seinem früheren Entführungsopfer Jan Philipp Reemtsma initiierte Verschwörung gegen ihn laufe. Gegen diese Verschwörung vorzugehen, würden die Verteidiger sich aber beharrlich weigern. Drach hatte an zwei vorangegangenen Prozesstagen bereits behauptet, Reemtsma verfolge ihn seit Jahren und bediene sich dabei auch der Unterstützung staatlicher Stellen wie des Hamburger Landeskriminalamts.

Drach hatte den Tabakkonzern-Erben 1996 entführt und erst nach Zahlung eines Lösegelds wieder freigelassen. Für die Tat wurde Drach später zu vierzehneinhalb Jahren Haft verurteilt.

Weiter wird am Freitag bekannt, dass der zweite Pflichtverteidiger in der vergangenen Woche bereits selbst beim Gericht seine Entpflichtung beantragt hatte. In Bezug auf die weitere Verteidigung des Mandanten bestünden „grundlegende Meinungsverschiedenheiten, die nicht behoben werden können“, heißt es in dem vom Richter verlesenen Antrag.

Prozessbeobachter bezeichneten den Antrag Drachs nach der Verhandlung als „krude“ und räumten dem Ansinnen keine Erfolgschancen ein. Die Kammer will nun darüber beraten. Der nächste Verhandlungstag ist für kommenden Mittwoch terminiert.