Andere Bühnen kämpfen mit Subventionen ums Überleben – der Stuttgarter Magier Thorsten Strotmann indes will den Bau seiner neuen Spielstätte privat finanzieren, als könne er auch in der Realität zaubern.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Das Staunen gehört zur magischen Kunst. Ein guter Zauberer führt sein Publikum so raffiniert hinters Licht, bis Wunder und Bewunderung eins werden. Seit Thorsten Strotmann im sozialen Netzwerk Facebook verkündet hat, er suche für eine „neue Idee“ ein Grundstück mit einer Fläche von 4000 bis 7000 Quadratmetern zum Kauf, ist das Staunen auch weit weg vom Scheinwerferlicht groß.

 

Was hat der Mann vor, der immer wieder Stuttgarts Kulturszene mit gewagten Thesen provoziert? Subventionen, meint der 44-Jährige, hemmten die Kreativität. Je nach Auslastung sollten Fördergelder gewährt werden, fordert er. Sonst sei die Gefahr groß, dass sich Bühnen auf weichen Matten der Bezuschussung ausruhten und einen „Versorgungsstandpunkt“ lebten.

Als Thorsten Strotmann vor acht Jahren seine privat geführte Magic Lounge in einer alten Fabrikhalle im Römerkastell eröffnet hat, dachten nicht wenige, da schaufele einer, so ganz ohne Zuschüsse, sein eigenes Pleitegrab. Inzwischen liegt die Auslastung in dem Close-up-Theater mit nur sieben Reihen für 180 Besucherinnen und Besucher – vor allem dank Mund-zu-Mund-Propaganda ist’s fast immer ausverkauft – laut eigener Firmenbilanz bei 95 Prozent. Wachstum ist an diesem brummenden Standort kaum noch möglich.

Sieben Festangestellte und 35 Servicekräfte arbeiten für ihn

„Wir haben unsere Kapazitätsgrenzen erreicht“, sagt der 44-Jährige. Sieben Festangestellte und 35 Servicekräfte arbeiten für ihn. Nun sieht er die Zeit gekommen, die nächste Stufe zu zünden. Am Donnerstag hat er einen Brief an alle Stadträte in Stuttgart sowie an die Stadtverwaltung geschickt, in dem er immer noch nicht um Zuschüsse bittet, aber um Unterstützung bei der Suche nach einer Gewerbefläche.

Sein Traum ist es, ein eigenes, größeres Theater im Raum Stuttgart zu bauen. Eine „magische Institution“ im Land soll es werden, die in der Zauberszene „ihresgleichen sucht“– nachhaltig für die nächsten Jahrzehnte. Am Hautnah-Prinzip seiner Shows will Thorsten Strotmann festhalten. Weiterhin soll es nur sieben oder acht Reihen bei ihm geben, dann aber für 220 Gäste. Gleichzeitig wünscht er sich deutlich vergrößerte Flächen für die Gastronomie. Noch müsse er vielen Firmen absagen, die ihre Feier in seiner Lounge mit Menü und Magie ausrichten wollten. Bisher gibt es bei ihm nur eine lange Theke sowie Stehtische unter einem riesigen Kronleuchter, aber keinen Platz für ein Bankett mit Tischen und Stühlen.

Seine Frau Claudia Strotmann ist die Theaterleiterin

Der Mietvertrag für sein Theater, das der studierte Betriebswirt derzeit im Römerkastell bespielt, endet erst in zehn Jahren. Aufgeben werde er es nicht. Zwar möchte der Entertainer künftig in einem neuen Haus mit noch besseren Möglichkeiten zaubern, die alten Räume dann aber als Party-Location für Veranstaltungen aller Art zur Verfügung stellen. Von Banken, sagt der Künstler, dessen Frau Claudia Strotmann seine Theaterleiterin ist, habe er bereits günstige Prognosen erhalten. Unterstützung erhofft er sich auch von der Wirtschaftsförderung. Die Investitionssumme liegt nach seinen Berechnungen bei fünf bis zehn Millionen Euro. Das Gewerbegrundstück müsse mindestens 4000 Quadratmeter groß sein, weil ausreichende Parkmöglichkeiten zum Konzept gehörten. Im 15-Kilometer-Radius um Stuttgart sucht er. Im neuen Strotmanns, so soll das Haus heißen, will er sich verstärkt um die Nachwuchsförderung kümmern, ein Zaubermuseum eröffnen, Benefizveranstaltungen ausrichten sowie in seinen Spielpausen Gastkünstler auftreten lassen. Eröffnung, so sein Wunsch, sollte spätestens im September 2019 sein.

Nah dran – und doch unfassbar

Mit Engagements als Zauberer finanzierte der heutige Chef eines mittelständischen Unternehmens vor mehr als 20 Jahren sein Studium der Betriebswirtschaft. Sein in Deutschland und vielleicht sogar in Europa einzigartiges Mini-Theater dürfte deshalb so erfolgreich sein, weil der Mann von Geld und Kunst gleichermaßen was versteht. Die Zuschauer, so erklärt er den magischen Erfolg, müssten emotional gefesselt, von einem Gemeinschaftserlebnis so sehr ergriffen sein, dass sie den Kollegen und Freunden später davon vorschwärmen werden. Thorsten Strotmann, einem Entertainer mit Witz, gelingt dies mit locker inszenierten Zaubertricks. Selbst für Menschen, die schon viel gesehen haben, ist vieles neu. Das Timing ist mit Musik, Licht und nicht zuletzt mit der Bauchrednerstimme des Gastgebers gekonnt gesetzt. Nah dran am Spektakel ist sein Publikum – und kann es doch nicht fassen.