Der Tiernotdienst hat jüngst einen Schwan am Feuersee vor einem aggressiven Artgenossen gerettet. Es war nur ein Einsatz von vielen hunderten pro Jahr.

S-West - Knapp 700 Tiere hat der städtische Tiernotdienst im vergangenen Jahr aus Notsituationen gerettet. Das Schwanen-Drama am Feuersee: Es hätte tödlich enden können. Ein Artgenosse drückte den Wasservogel, dem seine Fans auf Facebook den Namen Alex gegeben haben, mit dem Kopf unter Wasser. „Das Tier konnte sich auf einen Grünstreifen am Ufer retten. Dort haben wir es völlig erschöpft gefunden“, sagt Udo Steinicke, Leiter des städtischen Vollzugs- und des Tiernotdienstes.

 

Auf Facebook liest sich die Rettungsaktion spektakulär: Sein Kontrahent soll „Alex“ bis ans Ufer verfolgt und noch an Land auf ihn eingehackt haben. Dann will eine Beobachterin die Schwäne getrennt und sich um „Alex“ gekümmert haben. „Keiner wollte helfen, keiner rief den Tiernotdienst“, teilt sie auf Facebook mit. Doch um 13 Uhr waren die Retter vor Ort, packten den verstörten „Alex“ von hinten und lieferten ihn in einer Box im Tierheim in Botnang ab.

Gekipptes Fenster wird häufig zu Katzenfalle

Was so dramatisch klingt: Für die städtischen Tierretter ist das Alltag. Sie retteten im vergangenen Jahr vor allem Haustiere aus Notlagen und brachten sie ins Tierheim. Manche seien nur ausgebüxt und als Fundtiere zu den Tierschützern gebracht worden. Bei 150 Einsätzen konnten die Tiere sofort dem Halter übergeben werden. 85 Tiere waren so verletzt, dass sie in eine Tierklinik eingeliefert werden mussten. Steinicke: „Oft waren das angefahrene Hunde und Katzen. Katzen verletzen sich auch häufig, wenn sie in einem gekippten Fenster stecken bleiben.“ Aber auch aus privater Haltung ausgebüxte Schlangen und Skorpione haben die Tierretter wieder zurück gebracht und Hunde im Sommer aus überhitzten Autos gerettet. Mit einer Innentemperatursonde stellen sie fest, ob die Temperatur zu hoch ist. Steinicke: „Wenn ja, wird das Auto aufgebrochen oder die Scheibe eingeschlagen.“

Schäferhund per Drehleiter vom Fenstersims geholt

Die abenteuerlichsten Aktionen, an die sich Steinicke erinnert: Ein Schäferhund musste mit der Drehleiter vom Fenstersims geholt werden. Der Halter war gegangen, und der Hund konnte sich nicht mehr umdrehen. Und im Trauzimmer im Standesamt in Feuerbach hatten sich 80 Fledermäuse eingenistet, die gefangen und an einen anderen Ort gebracht werden mussten.

Der Tiernotdienst überprüft auch, ob Tiere artgerecht gehalten werden, und er wird gerufen, wenn Tierkadaver auf Straßen geborgen werden müssen. Das war im vergangenen Jahr 629 Mal der Fall. Den Rekord halten die Füchse und Haustiere mit jeweils 130 Kadavern, gefolgt von Schwänen und Enten (100). Dazu kamen 25 Dachse, 20 Rehe, jeweils zwei Wildschweine und Waschbären sowie insgesamt 220 „sonstige“ Wildtiere. Die Zahl ist laut Steinicke so hoch, weil viele Straßen in Stuttgart an Waldrändern und Weinbergen vorbei führen. „Vor allem in der Paarungs- und Aufzuchtzeit leben die Tiere gefährlich. Auf Partner- oder Nahrungssuche werden sie unvorsichtig“, sagt Steinicke.

„Alex“ soll zurück auf den Feuersee

16 Mitarbeiter, davon zehn Jäger und zwei Tierarztassistentinnen, sind beim städtischen Tiernotdienst im Einsatz. Laut Steinicke ist Stuttgart die einzige bundesdeutsche Stadt, die sich einen Tiernotdienst leistet. Ist der Tierhalter bekannt oder kann er ermittelt werden, kostet ihn ein Rettungseinsatz im besten Fall 21 Euro pro 15 Minuten plus einer Verwaltungspauschale. Kosten sparen lassen sich, wenn das in Not geratene Haustier eine Marke mit der Handynummer des Halters umhängen hat, da der dann ohne großen Zeitaufwand zu ermitteln ist.

Und wie geht es mit Schwan „Alex“ weiter? „Der wird bei uns aufgepäppelt. Die Bisswunden werden behandelt. Und sobald er wieder fit ist, wird er im Feuersee frei gelassen“, sagt Tierheimleiterin Marion Wünn. Mehr könne man nicht tun, auch den Kontrahenten nicht umsiedeln, da es sich um Wildtiere handelt.

Der Tiernotdienst ist sieben Tage pro Woche von 6 bis 22 Uhr unter der Telefonnummer 0711/2 16- 9 19 00 zu erreichen. Außerhalb dieser Zeit ist die Polizei unter der Notrufnummer 110 zuständig.