Agrarminister Christian Schmidt setzt auf eine europäische Regelung um ungeborene Kälber zu schützen. Den Grünen reicht das nicht. Sie sehen sofortigen Handlungsbedarf – und auch die Möglichkeiten dazu.

Berlin - Wie viele trächtige Kühe in Deutschland geschlachtet werden, ist nicht geklärt. Eine Studie aus dem Jahr 2011, die Daten aus 53 Schlachtbetrieben erhob, kam zu dem Ergebnis, dass zehn Prozent der weiblichen Rinder zum Zeitpunkt der Schlachtung tragend waren. Auf Grundlage dieser Studie geht die Bundestierärztekammer davon aus, dass in Deutschland jährlich etwa 180 000 tragende Rinder getötet werden.

 

Keine Einzelfälle

Agrarminister Christian Schmidt verweist darauf, dass es verschiedene Untersuchungen gebe, die einen Anteil zwischen 0,2 Prozent und 15 Prozent aufwiesen. Dass es sich keineswegs um ein Einzelphänomen handelt und Kälber jedenfalls nach dem letzten Drittel der Trächtigkeit Schmerz und Leid bei der Tötung des Muttertiers empfinden, steht aus Sicht Schmidts aber fest. Diese Tierquälerei könne nur auf europäischer Ebene gestoppt werden – zum Beispiel, so erklärte Schmidt Ende Mai, durch ein „etwaiges grundsätzliches“ Verbot, trächtige Tiere vom Hof an den Schlachtbetrieb abzugeben. So hat Berlin die Brüsseler Kommission denn auch um eine Prüfung gebeten, wie die Zahl hochträchtig geschlachteter Tiere gesenkt werden kann. Bis Mitte 2015 sollen Ergebnisse vorliegen.

Die Grünen-Fraktion im Bundestag allerdings meint, dass Schmidt sehr wohl Spielraum für einen Alleingang hat. Sie gab beim Wissenschaftlichen Dienst ein Gutachten in Auftrag, das Änderungen beim Tiertransport auf nationaler Ebene für möglich hält. Berlin, so die Expertise, könne Tiertransporteure verpflichten, die Trächtigkeit der Tiere zu erfassen. Bereits jetzt schreibt auf Ebene der EU die Verordnung für Tiertransporte vor, dass Tiere nach einem Trächtigkeitsstadium von 90 Prozent nicht mehr zum Schlachthof transportiert werden dürfen. Die Grünen beklagen jedoch, dass der Fuhrbetrieb nicht prüfen müsse, ob eine Kuh ein Kälbchen trage, so dass die Vorschrift ins Leere laufe. Und diesen Missstand könne Schmidt auf nationaler Ebene abstellen.

Das Tierschutzgesetz hat eine Regelungslücke

Einstimmig haben auch die Agrarminister der Länder Schmidt aufgefordert, national wie auf EU-Ebene rechtliche Bestimmungen „zur Vermeidung von Schmerzen und Leiden bei Föten und ungeborenen Kälbern in Zusammenhang mit der Schlachtung gravider Rinder“ zu prüfen. Was wolkig klingt, wird in einer Protokollerklärung klarer, die elf der 16 Länder (darunter ist auch Baden-Württemberg) abgaben. Der Bund solle ein grundsätzliches Schlachtungsverbot von trächtigen Rindern, insbesondere im letzten Drittel der Trächtigkeit, prüfen. Und schließlich mahnen sie an, eine Regelungslücke zu schließen. Heute gibt es im Tierschutzgesetz keine Bestimmungen dafür, wie mit ungeborenen Kälbern umgegangen werden muss.