Neuseeländische Ureinwohner wollen gemeinsam mit anderen indigenen Gruppen in der Region den Walen einen besonderen Schutz verleihen.

Viele indigene Menschen pflegen eine enge Beziehung zur Natur. In ganz Polynesien gelten Wale als heilig. Die Geschichten der Māori in Neuseeland erzählen davon, wie die Wale – Tohorā genannt – ihre Vorfahren über den Pazifik geführt haben. Deswegen verstehen sich die indigenen Gruppen bis heute als Beschützer der Meeressäuger.

 

Heilige Meeressäuger

Diesen Schutz wollen die Indigenen aus Neuseeland, Tahiti und den Cookinseln nun nochmals stärken. In der vergangenen Woche unterzeichneten sie dafür eine Erklärung, die Wale als juristische Personen anerkennt. An der Zeremonie, die auf Rarotonga, der größten der Cookinseln, stattfand, nahmen neben dem Māori-König Tūheitia Potatau te Wherowhero VII auch Stammesführer aus Tahiti und den Cookinseln teil. Der Māori-König betonte dabei, dass der Vertrag „nicht nur aus Worten auf dem Papier besteht“. Er verglich ihn mit einer Art „Schutzumhang für unsere Taonga, unsere Schätze – die prächtigen Wale“. Aperahama Edwards, Anführer des indigenen Stammes Ngāti Wai, erklärte, dieser Akt würde den indigenen Stämmen „die Autorität über ihre Ozeane zurückgeben“, die indigene Gemeinschaften unterstützen und eine langfristige Klimaresilienz schaffen.

Obwohl viele pazifische Inselstaaten schon heute Walschutzgebiete in ihren Gewässern geschaffen haben, hoffen Naturschützer, dass die Vereinbarung Druck auf die Landesregierungen ausüben wird, die Initiative gesetzlich zu verankern und den Schutz der Wale weiter zu erhöhen. Denn der juristische Status bedeutet, dass man Walen bestimmte Rechte einräumen könnte – etwa das Recht auf Bewegungsfreiheit, auf eine gesunde Umgebung oder das Recht auf die Wiederherstellung ihrer Populationen.

Derzeit sammeln Umweltschützer Gelder für einen Fonds über 100 Millionen US-Dollar, der die Initiative finanziell unterstützen soll. Mit den Geldern, die über den Verkauf von sogenannten Biodiversitäts-Credits oder den Verkauf von Wal-Versicherungen zusammenkommen sollen, will man den Landesregierungen unter anderem bei der Einrichtung des legalen Rahmenwerks unter die Arme greifen. Es soll aber beispielsweise auch in die Hightechüberwachung der Meeressäuger investiert werden. Laut Ralph Chami, dem Chefökonom des Projekts, das den Namen Hinemoana Halo trägt, ist ein Wal etwa zwei Millionen US-Dollar wert, und zwar, wenn man berücksichtigt, wie viel unerwünschten Kohlenstoff jedes einzelne Tier aus der Atmosphäre entfernt.

Wale binden Kohlendioxid

So verdauen und speichern Wale große Mengen an kohlenstoffreichem Futter und atmen sehr wenig Kohlendioxid wieder in die Atmosphäre aus. Dieser Prozess ermögliche es Walen, mehr Kohlenstoff in ihrem Körper zu speichern als Bäume, berichten Experten. Ein Wal kann demnach im Laufe seines Lebens durchschnittlich 33 Tonnen Kohlendioxid binden.

Würden Wale als juristische Personen behandelt, könnten Bußgelder oder Prämienanpassungen bei Versicherungen drohen, sollte ein Schiff einen Wal rammen, verletzen oder töten. Im Gegenzug würden Versicherungen wohl verlangen, dass Schiffe über Überwachungs- oder Antikollisionsgeräte verfügen, um die Wahrscheinlichkeit, einen Wal zu treffen, zu verringern. Die Initiative demonstriere „ein bahnbrechendes Wirtschaftsmodell für den Naturschutz“, das auf dem Wissen, aber auch auf dem Leadership der Māori basiere, sagt die Umweltschützerin Mere Takoko, Vizepräsidentin von Conservation International in Neuseeland.