Der Eindruck drängt sich ob dieser täglichen Witzeproduktion auf: Der Komiker mit Gitarre und Loop Station im Rampenlicht, der mit Konfetti aus Wurst wirft und sich sorgt, ob er beim Tanzen eventuell jemanden in Gebärdensprache beleidigt – unterscheidet der sich denn gar nicht von der Privatperson? Macht er keine Pause, keinen Urlaub wie normale Menschen? „Naja, wir sitzen hier, während andere im Urlaub sind, und machen ein Interview“, antwortet Bomelino: „Ich tue einfach nicht so gerne nichts. Weil ich das, was ich tue, ja auch tun will. Es ist zu 100 Prozent cool.“ Hat er also keine Phasen, in denen er nicht zu Scherzen aufgelegt ist? Doch, die gab es. Bei der Antwort grämt er sich. Sie kostet offensichtlich Überwindung. „Depressionen“, sagt er nach einer Weile. „Ich stand an der Uni kurz vor dem Abschluss und war auch supergut. Aber ich fiel in ein riesiges Loch, aus dem ich nicht mehr herauskam.“ Retrospektiv betrachtet verwundert es nicht, dass ihn das Diplom wohl nicht erfüllen, nicht hätte glücklich machen können – Bestnoten und Auszeichnungen zum Trotz.

 

Federball spielen gegen den eigenen Rucksack

Wochen habe es gegeben, in denen er zu nichts imstande war. Die Komik bringt ihn in solchen Momenten wieder auf die Beine: „Wenn ich merke, dass sich Leute über das freuen, was ich kreiere, hilft es mir, die Dinge als doch nicht so sinnlos anzusehen. Eine fast nihilistische Sicht auf die Welt vereinfacht es auch, die Komik in ihr zu sehen.“ Das Thema behagt ihm nicht. „Ich will auf keinen Fall, dass das so rüberkommt, dass ich die Krankheit missbrauche“, sagt er und wechselt das Thema.

Am Tag nach dem Gespräch meldet sich Bomelino via Facebook. Er gibt sein Okay, die Passage zur Depression soll ruhig in den Artikel: „Das definiert mich. Sonst würde etwas fehlen.“

Ein letzter Blick auf Instagram, nachdem der Text geschrieben ist. Zu sehen ist Bomelino auf einer Wiese. Es ist ein sonniger Tag, seine Kollegin Sophie Passmann hat ihm eine verdammt schwere Aufgabe gestellt, deren Bewältigung er in Videos festhalten muss: Er soll tun, was normale Leute bei Sonnenschein tun. Also in den Park gehen. Es läuft gut: Tino Bomelino spielt Federball gegen seinen Rucksack.

20. Januar, Rosenau Stuttgart