„Titanic“ wirkt nach der Aufbereitung in 3-D nicht mehr wie ein Produkt der neunziger Jahre, sondern zeitlos. Das ist ein Klassiker.

Stuttgart - Als James Camerons „Titanic“ am 8. Januar 1998 in Deutschland anlief, konnte man noch nicht ahnen, dass dies dereinst der erfolgreichste Film der Geschichte sein würde. Cameron hatte eigens ein Studio bauen lassen, um darin einen 64 Millionen Liter fassenden Wassertank platzieren zu können. Er bildete das Schiff, das 1912 auf der Jungfernfahrt zwischen Southampton und New York im Nordatlantik sank, maßstabsgetreu nach, und er verbrauchte an jedem der 160 Drehtage knapp eine Million Dollar.

 

„Titanic“ wurde ein Triumph, spielte 1,8 Milliarden Dollar ein, aber der Perfektionist Cameron war nicht zufrieden. Er hätte schon damals gerne in 3-D gedreht, allein, die technischen Möglichkeiten waren zu beschränkt. Nun ist die Zeit reif. Zwei Jahre lang ließ er das Material umwandeln, und das Ergebnis überzeugt. Endlich hat der Film auch Tiefe. Das Dreidimensionale ist keine Effekthascherei. Cameron setzt die Technik klug ein, öffnet Räume und gibt den Einstellungen Weite.

Die Dimensionen begreifen

Besonders deutlich werden die Vorzüge in jener Szene, in der sich Rose vom Heck des Dampfschiffs stürzen will. Zum ersten Mal begreift man die Dimensionen des Schiffs, die Entfernung vom Deck zum Wasser. Der Blick zum Himmel, die Sicht auf den Ozean sind ohne Begrenzungen, die Rettung der Frau durch Jack gerät umso eindringlicher: Da haben sich zwei Menschen gefunden. Die Überarbeitung des Films tat vor allem seiner Hauptfigur gut: der Titanic. Die thront geradezu auf der Leinwand, ein moderner Mythos, erhaben und mächtig, und dass sie sinken wird, ist trotz des bekannten Ausgangs in den ersten anderthalb Stunden kaum zu glauben.

Man trifft hier auf zwei Weltstars im frühen Stadium ihrer Karrieren. Kate Winslet als Rose scheint sich noch nicht wohl in ihrem Körper zu fühlen, sie probiert aus, tastet. Winslet galt ja als dritte Wahl, weil Claire Danes und Gwyneth Paltrow abgesagt hatten. Leonardo DiCaprio ist präsenter, im Gegensatz zur entweder indignierten oder leidenschaftlichen Partnerin lauert er, pflegt die Ambivalenz.

Dialoge sind arg einfach

Natürlich war die zeitgenössische Kritik an dem Film angemessen. Die Dialoge sind arg einfach, die Charaktere wenig abgründig – dem von Billy Zane gespielten Bösewicht hat man zur Verdeutlichung seiner schlechten Absichten sogar noch die Augen schwarz umrandet. Der Kitsch wuchert stellenweise ungehindert. Und auch die beschlagene Scheibe des Automobils im Laderaum, an der eine Hand in Ekstase herabgleitet, ist als Metapher für das Sich-Erkennen der Liebenden mächtig dick aufgetragen. Aber diese Einwände wiegen weniger schwer, wenn man sieht, wie gut Rahmenhandlung und Binnenerzählung gefügt sind, wie Cameron die Spannung verdichtet und nach mehr als neunzig Minuten sein technisch hochgerüstetes Festival der Zerstörung beginnt. Zu besichtigen ist alles in allem ein Meisterwerk. „Titanic“ wirkt nach der Aufbereitung in 3-D nicht mehr wie ein Produkt der neunziger Jahre, sondern zeitlos. Das hier ist ein Klassiker.

Titanic 3-D. USA 1997/2012. Regie: James Cameron. Mit Kate Winslet, Leonardo DiCaprio, Kathy Bates, Frances Fisher, Billy Zane, Bill Paxton. 194 Minuten. Ab 12 Jahren. Cinemaxx Mitte und SI, EM, Gloria, Ufa