Im Jahr 2015 flieht eine 42-jährige Afghanin mit ihrem Mann und ihren vier Kindern vom Iran nach Deutschland. Dort hofft sie, in Freiheit und ohne Gewalt leben zu können. Doch für ihren Ehemann ist diese Selbstständigkeit nur schwer erträglich. Im Juni 2020 stirbt sie von seiner Hand.  

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Stuttgart - Es ist die erste Frage, die der Angeklagte in dem Prozess beantworten soll. „Schreibt sich Ihr Vorname mit G oder K?“, fragt Rainer Gless, der Vorsitzende Richter der 9. Strafkammer am Landgericht Stuttgart. Für die Akten ist das wichtig. Für den Mann mit dem grauen Haar und dem sein kantiges Gesicht dominierenden Oberlippenbart kommt die Frage jedoch aus einer anderen Welt. Der Dolmetscher übersetzt die Nachfrage zwar vom Deutschen ins Farsi, aber erst ein paar Sätze später trägt er dann auch eine Antwort vor: „Ich kann nicht lesen und nicht schreiben.“