Mehr Vorführungen und Brandaktuelles von der afrikanischen Revolution: das 18. Trickfilmfestival in Stuttgart stellt Rekorde auf.

Stuttgart - Noch der größte Fan hätte eines dem Internationalen Trickfilmfestival Stuttgart bisher nicht nachsagen können: gesteigerte Tagesaktualität. Dieses Jahr aber fällt dem 18. Trickfilmfestival, das vom 3. bis 8. Mai hauptsächlich die Innenstadtkinos und eine LED-Großbildwand auf dem Schlossplatz bespielen wird, auch noch diese Qualität zu.

 

Weil vor 75 Jahren der erste ägyptische und damit auch der erste afrikanische Animationsfilm entstand, hatten die Festivalmacher lange vor der nordafrikanischen Revolution das Rahmenprogramm "Animated Africa" ins Auge gefasst. Das hat der ägyptische Animationskünstler und Dozent Mohamed Ghazala kuratiert, der nun auch ein Programm mit Revolutionsfilmen zeigen wird (Freitag, 6. Mai, 18 Uhr, im Caligari Ludwigsburg). Ghazala hat afrikanische Filmemacher aufgefordert, Werke zu Aufstand, Befreiung, auch zur konkreten aktuellen Lage einzureichen. Dies ist der einzige Programmteil des Trickfilmfestivals, dessen Auswahl bis zur letzten Stunde ergänzt werden könnte.

Ein Familientreffen für Animationsfilmer

Ansonsten ist das Programm von einer Fülle, die auch die Festivaldirektoren Ulrich Wegenast und Dittmar Lumpp aus dem Konzept bringt. Die beiden sind nicht eingestellt, um zu untertreiben. Im Vorwort des Programmkatalogs aber verkünden sie, ihr Festival zeige 500 Filme. Auf der Pressekonferenz durfte Wegenast diese Zahl korrigieren: eine Auszählung des Angebots habe ergeben, dass 1000 Filme liefen, 250 in den diversen Wettbewerben, 750 in den Reihen drum herum.

Das Themenfeld ist weit: wer den bunt gemischten, stilistisch vielfältigen Wettbewerbsrollen misstraut, wird vielleicht mit der Kultnacht zur bissigen Trickserie "South Park" und ähnlichen garstigen Streifen aus USA glücklich. Die Liste der Gäste, vor allem der Stammgäste ist ebenfalls beeindruckend. Stuttgart hat sich für viele Animationsfilmer eben nicht zum Ort des Preisgeldabholens entwickelt, sondern zum Familientreffen. Der für seinen schrägen Humor bekannte Amerikaner Bill Plympton hält dieses Jahr einen Workshop.

Zeitgleich findet die Fachmesse fmx statt

Der Australier Andrew Ruheman stellt seinen viertelstündigen Kurzfilm "The lost Thing" persönlich vor. Dieser Film hat einen Oscar gewonnen, wozu Ron Diamond ein paar Worte sagen wird. Diamond ist in der die Oscars vergebenden Academy of Motion Picture Arts and Sciences für den Bereich der animierten Kurzfilme zuständig. Er hält einen Workshop mit dem Titel: "Wie man einen Oscar gewinnt" (7. Mai, 10 Uhr, Metropol).

Parallel zum Trickfilmfestival, das mit 61.000 Euro auch seine Preisgelder noch einmal erhöhen konnte, findet im Haus der Wirtschaft die Fachmesse fmx statt, auf der Referenten aus der Praxis das Neueste - und manchmal auch: den Kampf mit alten Problemen - aus dem Bereich digitaler Bilderzeugung für Filme, Spiele, und kommerzielle Anwendungen vorstellen. Dieses Jahr wird es Einblicke in die Werkstatt des nächsten Harry-Potter-Films geben.

Das Festival bietet auch ein Forum für Debatten

Die zum 16. Mal stattfindende fmx ist lokal von manchen als Spleen ihres Gründers Thomas Haegele belächelt worden, des Leiters des Instituts für Animation, Visual Effects und digitale Postproduktion an der Filmakademie, als größere Medienstandorte sich eifrig bemühten, sie zu kopieren. Die fmx hat alle Geringschätzung bestens überstanden und ist heute die wichtigste Veranstaltung ihrer Art in Europa.

Der Animation Production Day als weitere Säule des Festivals will die Finanzierungen einfädeln, die Filme erst entstehen lassen. Das Treffen der Branchenprofis soll aber auch für große Debatten genutzt werden. Viele Trickfilmmacher etwa brauchen Aufträge des Kinderfernsehens. Der Korruptionsskandal beim Kinderkanal gilt vielen als symptomatisch für unerträgliche Zustände beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen, das doch ein Partner bei der Entstehung hochwertiger Programme sein sollte. Auch in diesem Festivalbereich könnte es dieses Jahr also hoch hergehen.

Termin 3. bis 8. Mai

Weitere Informationen unter www.itfs.com