Wer sich um die Stadt Tübingen verdient gemacht hat, wird für seine Verdienste mitunter mit der Ehrenbürgerwürde ausgezeichnet. Unter den Geehrten waren aber auch viele Personen mit NS-Verstrickung.

Tübingen - Mancher Jurist macht sich die Sache einfach. Weil das Ehrenbürgerrecht mit dem Tod erlischt, braucht man sich um das Leben verstorbener Ehrenbürger nicht weiter zu kümmern. Und danach spielt es auch keine Rolle, welche Namen von Verstorbenen in der Ehrenbürgerliste einer Stadt auftauchen. Doch so einfach wollen es sich viele Städte nicht – oder nicht mehr – machen. Tübingen gehört dazu. „Man muss politisch mit dem Thema umgehen“, sagt Dagmar Waizenegger vom Kulturamt der Stadt. Namen von Menschen mit NS-Verstrickung sind danach nicht einfach von der Liste zu streichen, sondern strittige Fälle mit kommentierenden Erläuterungen zu versehen.

 

Einige Namen wurden schon direkt nach der Naziherrschaft von den Besatzungsmächten von der Liste genommen, Im Falle Tübingens handelte es sich um die 1933 ernannten Tübinger Ehrenbürger Adolf Hitler, den Gauleiter Wilhelm Murr und den württembergischen Kultusminister Christian Mergenthaler. Aus bisher ungeklärten Umständen verschwand später der Name von Reichskanzler Paul von Hindenburg aus dem Verzeichnis.

Der Tausch Haus gegen Ehrenbürgerwürde

Dann geschah lange nichts, und danach lange nicht viel. 2005 griffen Tübinger Vertreter der Gemeinderatsfraktion AL/Grüne das Thema auf. Dabei ging es um die Nutzung des Theodor-Haering-Hauses, idyllisch gelegen in der Neckarhalde und bis heute genutzt als Magazin fürs Stadtmuseum. Das NSDAP-Mitglied Haering (1884–1964) war Professor für Philosophie in Tübingen, führendes Mitglied im NS-Dozentenbund und schrieb Aufsätze zu Themen wie „Rassenprinzip“ und „Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften“.