Staatschef Erdogan hat ein zwiespältiges Verhältnis zu Donald Trump: Einerseits hat dieser seinen Wahlkampf mit vielen islamophoben Parolen bestritten, andererseits hat Trump sehr früh zur Niederschlagung des Militärputsches gratuliert.

Ankara - Eigentlich kann der designierte US-Präsident Donald Trump nicht nach dem Geschmack des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan sein. Schließlich bestritt er seinen Wahlkampf zu einem guten Teil mit islamophoben Parolen. Andererseits war es Trump, der Erdogan im Juli für die Niederschlagung des Militärputsches ausdrücklich Anerkennung zollte. Vorhaltungen zum Thema Demokratie, Menschenrechte oder Meinungsfreiheit brauche Erdogan von ihm nicht zu fürchten, ließ Trump schon damals durchblicken. Der im Westen zunehmend isolierte Erdogan dürfte hoffen, in Trump einen gleichgesinnten Gesprächspartner im Weißen Haus zu wissen. Das gilt auch für die gemeinsame politische Zuneigung beider Männer zu Kreml-Chef Wladimir Putin.

 

Erdogan verspottete Clinton

Kurzum: Vor dem Hintergrund der gespannten Beziehungen zu Obama ist Trump aus Sicht Erdogans ein Gewinn. Über Hillary Clinton hatte sich Erdogan bereits vor einigen Wochen wegen ihrer Syrien-Strategie abfällig geäußert. Clinton hatte sich dafür ausgesprochen, die syrischen Kurden im Kampf gegen den IS mit mehr Waffen zu unterstützen. Erdogan fürchtet, dass diese Waffen letztlich bei der kurdischen PKK landen und verspottete Clinton als „politische Anfängerin“.

Wie Trumps Politik in Syrien und im Irak konkret aussehen wird, weiß zwar niemand. Erdogan kann aber hoffen, unter dem neuen Präsidenten freiere Hand in der Nahostregion zu bekommen. Bei Obama und dessen Außenminister John Kerry war er mit seinen Plänen für eine Sicherheitszone in Nordsyrien und seinem Wunsch, in Mossul einzumarschieren, bisher abgeblitzt. Nun beginne „eine neue Ära in den USA“, sagte Erdogan am Mittwoch in Istanbul. Er hoffe, dass Trumps Wahl zu positiven Entwicklungen in der Türkei und der Region beitrage.

Die Auslieferung von Gülen

Der türkische Staatschef mag sogar hoffen, dass unter der neuen US-Regierung die Auslieferung seines in Pennsylvania lebenden Erzfeindes Fethullah Gülen vorankommt. Ministerpräsident Binali Yildirim verband seinen Glückwunsch an Trump sogleich mit der Forderung nach „dringender Auslieferung“ Gülens. Das sei Voraussetzung für einen „Neubeginn“ in den türkisch-amerikanischen Beziehungen. Außenminister Mevlüt Cavusoglu erwartet eine „vertrauensvolle strategische Zusammenarbeit“ mit Washington. Justizminister Bekir Bozdag feierte die Trump-Wahl als Sieg des amerikanischen Volkes, das sich gegen die Gängelung durch „Zeitungen, Fernsehen, Demoskopen, Künstler und die Elite“ gewehrt habe. Da klingen Parallelen zur Strategie des Populisten Erdogan an.

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