Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Die Band selber wiederum, die übrigens schon vor Jahren ihren Sitz aus steuerlichen Gründen in die Niederlande verlegte, liefert von einer sehr gönnerhaften Warte ein denkbar schlechtes Vorbild für alle Musiker, die tatsächlich versuchen, mit Schallplattenverkäufen ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Dass zudem ausgerechnet die Band ihre Seele an eine Reklamekampagne verkauft, deren Vorsteher Bono erklärtermaßen als Gutmensch bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Welt zu verbessern trachtet, sei nur am Rande vermerkt.

 

Die Hörer schließlich dürfen sich über die Gratislieferung freuen, vielleicht sogar im guten Glauben, mit ihrem sauer verdienten Geld nicht auch noch das Luxusleben echter Spitzenverdiener finanzieren zu müssen. Sie dürfen sich allerdings auch fragen, ob sie nicht monatelang bewusst von ihren Idolen hingehalten wurden, die erst einmal ausloten wollten, wie maximaler Profit zu erzielen ist. Ob sie hier nicht vielmehr ein „Geschenk“ von Musikern erhalten, die ein Album nicht als künstlerisches Produkt publizieren, sondern es eher als Werbung für ihre gewinnbringende Tournee einsetzen. Und ob es nicht eigentlich eine ziemliche Entmündigung der „Konsumenten“ ist, wenn Apple dieses Album, wie jetzt geschehen, nicht etwa zum Gratisdownload anbietet, sondern es ungefragt seinen Kunden in deren I-TunesBibliothek hinzufügt.

Es gab schon einige Musiker, die ihre Musik auf unkonventionelle Weise veröffentlicht haben. Die Nine Inch Nails etwa hatten „The Slip“ kostenlos zum Download angeboten, weil sie sich mit ihrer Plattenfirma überworfen hatten. Prince ließ sein Album „Planet Earth“ vor der Veröffentlichung der britischen Zeitung „Mail on Sunday“ beilegen, um die Plattenindustrie zu ärgern. Die Band Radiohead veröffentlichte ihr Album „In Rainbows“ zunächst als interessantes Experiment mit der Maßgabe auf ihrer Homepage, dass jeder für den Download den ihm angemessen erscheinenden Preis zahlen möge. Alle diese Alben fanden hinterher aber auch im Plattenladen noch ihre Käufer. Wer warum in fünf Wochen noch das „neue“ Album „Songs of Innocence“ von U2 kaufen soll, wissen nur die Popgötter.