Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

„Ich hab mein Leben in den Dienst des Rock’n’Roll gestellt“, sagt er dann zwischendurch auch noch. In seiner schnodderig-nuscheligen Art. Und einerseits schwingt da selbstverständlich auch die Attitüde eines Berufsmusikers mit, andererseits darf ein Mann, der seit satt über fünfzig Jahren ebendies tut, solches ja auch sagen. Zumal, da wirklich alles an seiner Performance rund und stimmig ist. Es gibt frivole Momente, ohne dass sie übersexualisiert wirken würden. Es gibt nachdenkliche Momente, ohne dass sie tränenrührend wären. Es gibt politische Momente, ohne dass sie im Predigerton daherkämen. Es gibt Reminiszenzen an verstorbene Kollegen – Falco, Lemmy, Bowie -, die, so Udo Lindenberg, lediglich „vorgereist“ seien, und selbst wenn man um das bisweilen etwas durchgeknallte Blut Lindenbergs weiß: diese Sätze entströmen wehmütig pulsenden Adern.

 

Die Show dazu ist wahrlich burlesk, zwischen Narretei und burgtheatertauglicher Bühnenbildnerei changierend, von einem zwischendurch in das Stadion hinein flatternden Ufo bis zur Las-Vegas-Glitzeratmosphäre, zu der sich die Bühne gegen Ende wandelt, vom AC/DC-Cover „Highway to Hell“ bis zum Vaudevillecharm. Illustre Gäste werden auf der Bühne überdies begrüßt: von Helge Schneider bis hin zu einem, ernst gemeint, total angenehmen Otto Waalkes, seinem früheren Hamburger WG-Kollegen, der sich diesen Riesenspaß offenkundig nicht entgehen lassen wollte.

Inmitten dazwischen steckt stets der völlig souveräne Crooner Lindenberg, singt – ein letztes Wort zum Thema Maulzerschleißen sei noch gestattet - „Ich mach‘ mein Ding, ganz egal was die anderen labern“, munterst tänzelnd, mitgehend, unglaublich lässig, wie in Fleisch und Blut verbandelt mit seinen Musikern und den vorzüglichen Sängerinnen, der sich am Ende einer fantastischen Show – ein bisschen augenzwinkernde Ironie des seit Jahrzehnten im Hamburger Atlantic-Hotels logierenden Stammgasts darf auch noch sein – von zwei akkurat gewandeten Pagen von der Bühne geleiten lässt. Danach krachen an diesem wirklich tollen Konzertabend noch ein paar Feuerwerksraketen in den Stuttgarter Abendhimmel; auch, um den frisch gebackenen Siebzigjährigen zu ehren. Hoch soll er leben.