Nichts fürchtet Wladimir Putin mehr als das, was er der Ukraine absprechen will: eine eigene kulturelle Identität. Jetzt schlägt die Stunde der ukrainischen Literatur und Kunst, kommentiert Stefan Kister.

Kultur: Stefan Kister (kir)

Stuttgart - Man hat schon alle möglichen Kriegsgründe gehört: Religion, Terror oder wie im letzten großen Krieg in Europa „Lebensraum im Osten“. Das Motiv, unter dem nun das barbarischste Gesicht der Zivilisation hierher zurückkehrt, ist paradoxerweise die Kultur. Es erscheint eher ungewöhnlich, dass eine Kriegserklärung als Geschichtslektion beginnt. In seiner berüchtigten Ansprache bereitet der russische Diktator, den man mittlerweile wohl getrost so nennen darf, seine beabsichtigte Auslöschung einer eigenständigen Ukraine auf kulturellem Gebiet vor. Danach existiert nämlich das Land, das ihm so sehr ein Dorn im Auge ist, gar nicht. Die Ukraine sei nichts anderes als eine russische Schöpfung und ein sowjetischer Irrtum, den es gelte, wieder schleunigst in den gemeinsamen Mutterschoß zurückzupressen.