Ulrike Kriener spielt nach 20 erfolgreichen Jahren zum letzten Mal Kommissarin Lucas im ZDF. Ein Gespräch über die beliebte Figur und den Ausstieg.

 

Als Kommissarin Lucas verabschiedet sich Ulrike Kriener. Aber sie ist gut im Geschäft und breit aufgestellt: Kürzlich wurde sie als Komödiantin ausgezeichnet.

Frau Kriener, viele Schauspielerinnen jenseits der 50 beklagen, dass sie kaum noch Rollenangebote bekommen; und Sie beenden die erfolgreiche ZDF-Reihe „Kommissarin Lucas“. Wie passt das zusammen?

Ganz einfach: Auf mich trifft dieses Problem nicht zu, ich hatte es nie. Als „Kommissarin Lucas“ vor zwanzig Jahren startete, war ich Ende vierzig, jetzt bin ich 68. Die Reihe hat mir vielleicht durch diese Jahre geholfen, die für Schauspielerinnen schwierig sein können, wofür ich sehr dankbar bin. Außerdem ist meine Popularität durch Ellen Lucas gestiegen, wodurch ich zusätzlich Angebote bekam. Aber es stimmt natürlich: Im Alter werden sie weniger. Für Männer gilt das übrigens auch, allerdings erst circa zehn Jahre später. Es gibt nur eine Handvoll Kolleginnen und Kollegen, die jenseits der 70 noch regelmäßig in Hauptrollen zu sehen sind.

Was hat dagegen gesprochen, Ellen Lucas weiter zu spielen?

Bei der bayerischen Polizei geht man mit 60 in den Ruhestand. Vielleicht lassen sich noch zwei Jahre dranhängen, aber dann ist definitiv Schluss. Ich würde lügen, wenn ich nicht zugeben würde, dass es mich freut, wenn man mir versichert, „du siehst doch viel jünger aus, als du bist“, aber das ändert nichts daran, dass sich mein persönliches Alter und das der Rolle wenigstens ungefähr decken sollten. Außerdem wollte ich mehr Freiheit.

Schauspieler sagen gern, eine Figur sei „auserzählt“, um den Ausstieg zu begründen. Gilt das für Lucas auch?

Nein, es gab immer wieder neue personelle Konstellationen vor und hinter der Kamera, neue Autorinnen und Autoren haben für frischen Wind gesorgt. Ich habe die Ellen ohnehin nicht als „Figur“ betrachtet, sondern als Menschen, und Menschen sind erst mit ihrem Tod auserzählt. Es war immer mein Anspruch, die Rolle zunehmend differenziert zu gestalten.

Ellen Lucas war von Anfang an eine betont distanzierte und kontrollierte Person. Warum ist sie trotzdem so beliebt?

Ellen hat in der Tat nie danach gestrebt, gemocht zu werden, und das hat sie zu einer starken, unabhängigen Persönlichkeit gemacht. Ich glaube, das Publikum hat gespürt: Diese Frau hat sehr wohl Gefühle, aber die kann oder will sie nicht zeigen. Für mich als Schauspielerin ist eine Rolle natürlich viel interessanter, wenn sie eine Mischung aus positiven und etwas bedenklichen Charaktereigenschaften mitbringt. Ich mag Figuren, die auf des Messers Schneide tanzen.

Im ersten der beiden letzten Filme fragt sich Lucas, ob sie das überhaupt könne, „Ruhestand“. Könnten Sie Ruhestand?

Mir bereitet, ehrlich gesagt, schon der Begriff ein gewisses Unbehagen. Mit Stille komme ich gut klar, aber ich bin innerlich ein sehr beweglicher Mensch und ständig auf der Suche nach Dingen und Themen, für die ich mich begeistern kann. Andererseits habe ich auch eine große faule Seite: Ich kann sehr gut auf dem Sofa rumlümmeln oder wunderbar auf Lanzarote in die Ferne schauen.

Sie sind aber eh nach wie vor gefragt?

Ja, ich bin im Moment noch gut beschäftigt. Ich habe mit dem ZDF eine harmonische und freundschaftliche Lösung für das Ende von „Kommissarin Lucas“ gefunden und werde dem Sender weiter verbunden bleiben, es gibt bereits Pläne für gemeinsame Projekte.

Für den Kinofilm „Einfach mal was Schönes“ haben Sie kürzlich den Deutschen Schauspielpreis als beste Komödiantin bekommen. Ist diese Bandbreite ein Geheimnis Ihres langen Erfolges?

Zumindest erhöht es natürlich die Chance auf weitere Angebote, wenn man nicht auf ein Fach festgelegt ist. Aber ich mache mir da nichts vor: Wenn ich bis 70 spielen darf, freue ich mich; und dann schau’n wir mal, wie’s weitergeht.

Info

Karriere
 Ulrike Kriener (68), als gebürtige Bottroperin ein Kind des Ruhrgebiets, ist 1985 durch ihre Hauptrolle in Doris Dörries „Männer“ bekannt geworden. Zu ihren Auszeichnungen zählen unter anderem der Grimme-Preis für „Der Hammermörder“ (1991) sowie der Deutsche Fernsehpreis für „Männer häppchenweise“ (2003) und Doris Dörries Serie „Klimawechsel“ (2010).

Kommissarin Lucas
  Das ZDF bringt die Reihe mit den Folgen „Helden wie wir“ (7. 10.) und „Finale Entscheidung“ (28. 10.) zu einem würdigen Abschluss. Die Filme stehen ab dem 30.9. in der ZDF-Mediathek.