Der Höfinger Ultra-Läufer Janosch Kowalczyk bewältigt die 450 Kilometer lange Strecke von Nizza nach Chamonix in nur einer Woche.

Leonberg - So hatte sich der Höfinger Janosch Kowalczyk seinen Einstieg als Profi-Extremläufer nicht vorgestellt. Die Corona-Krise hat auch den 30-jährigen studierten Ingenieur, der für seinen Traum den sicheren Job gekündigt hat, eiskalt erwischt. In den vergangenen Monaten wurden weltweit alle geplanten Rennen abgesagt. Erst jetzt im September ist nach dieser pandemiebedingten Zwangspause in Innsbruck das erste Alpine Trailrun Festival geplant – unter Berücksichtigung der notwendigen Auflagen. Kowalczyk will über die 100 Kilometer-Distanz an den Start gehen.

 

Im Februar ist der Höfinger zur Saisonvorbereitung noch in Spanien unterwegs gewesen. Im März, als sich Corona weltweit auszubreiten begann, kehrte er dann schnell in die Heimat zurück. „Ich habe in den ersten Wochen entspannt weiter trainiert und konnte mit der Situation ganz gut umgehen, fiel dann aber in ein mentales Loch“, beschreibt der Profisportler die Situation im April und Mai. Keine Rennen, keine Prämien, nur geringfügige Sponsoren-Gelder, kein Ziel, worauf er hinarbeiten konnte. „Ich dachte, das ist ein undankbares erstes Profijahr, ich lebe ja wie ein Student. Der Unterschied ist, dass ich laufe und nicht lerne“, sagt Kowalczyk.

Schnellste nachgewiesene Zeit für eine bestimmte Strecke

Den Mut hat er dennoch nicht verloren. „Irgendwann akzeptierte ich die Situation und trainierte einfach mit Bedacht weiter.“ Kowalczyk war sogar froh, in seinem ersten Profijahr nicht in die Versuchung zu kommen, jedes Rennen mitzunehmen und sich dadurch zu „verbrennen“. Jede Ausnahmesituation birgt auch Chancen. Die Ultraläufer behalfen sich zunächst mit virtuellen Serien, bis ein neues Projekt die Runde machte, das seinen Ursprung in Amerika hat. Die „Fastest Known Time“, kurz auch FKT genannt. Hier gilt es, die schnellste nachgewiesene Zeit für eine bestimmte Route oder Strecke zu laufen. Beliebt sind beispielsweise interessante und bekannte Wanderwege, Gipfelbesteigungen oder die Umrundung von Seen. Die gelaufenen Kilometer sowie die benötigte Zeit werden per GPS verifiziert und können von anderen Läufern, die diese Leistung unterbieten wollen, auf einer Website hochgeladen werden. Jeder Läufer entscheidet den Startpunkt seiner Herausforderung selbst.

Sein erstes Projekt dieser Art startete Janosch Kowalczyk mit dem 112 Kilometer langen Kandel-Höhenweg durch den Schwarzwald von Oberkirch nach Freiburg. „Den hatte zuvor ein Wanderer aus Offenburg in 15 Stunden absolviert, ich habe gut zehn Stunden gebraucht“, sagt Kowalczyk. Die jüngste Herausforderung, die der Höfinger mit seinem Laufkollegen Christian Alles aus Schriesheim suchte, war der Fernwanderweg Grande Randonnée 5. Die beiden entschieden sich für den 450 Kilometer langen Streckenabschnitt durch die französischen Alpen von Nizza nach Chamonix, der mit insgesamt 22 000 Höhenmetern normalerweise in 28 Etappen eingeteilt wird. Sie bewältigten das Programm in nur einer Woche.

Sehr kurzer Schlaf in den Nächten

Foto: privat
„Unsere Idee war es, uns möglichst leicht und damit schnell durch die Berge zu bewegen“, so Kowalczyk. Aufgrund ihres minimalen Gepäcks, das sie bei sich trugen, durften es daher bei schlechtem Wetter auch mal Nächte in einer festen Unterkunft sein. „Je weiter wir ins Landesinnere kamen, desto schöner und abwechslungsreicher wurde die Landschaft“, schwärmt der Höfinger. Manchmal kamen die Läufer langsamer voran als geplant. Kräftezehrend war nicht nur das zum Teil unwegsame Gelände, sondern auch Hitze, Regen oder der nur sehr kurze Schlaf in den Nächten. Beschwerlich war auch die Verpflegung. „Es gibt nur sehr kleine Bergdörfer, und in den Hütten bekommt man nur Essen, wenn man dort auch übernachtet.“ Eine warme Mahlzeit pro Tag musste den Sportlern trotz extremen Kalorienverbrauchs manchmal reichen.

Freitags um 23 Uhr kamen die beiden dann planmäßig in Chamonix an. „Das war eine mega intensive Woche. Ich bin richtig froh, dass Christian mich überredet hat, dieses Abenteuer einzugehen“, sagt Janosch Kowalczyk.