Was tun, wenn das Kind im Internet gemobbt wird? Das Theaterstück Netzflimmern hilft Eltern, ein Gefühl für den Umgang mit neuen Medien zu entwickeln.

Vaihingen - „Legst du jetzt bitte dein Handy weg und gehst schlafen?“, sagt der Vater. Der Protest des Sohns folgt unmittelbar. „Aber das ist wichtig. Nur noch ein paar Minuten, bitte“. Es ist eine Szene, die viele Eltern kennen. Am vergangenen Mittwoch spielte sie sich allerdings in keinem Wohnzimmer, sondern auf einer Bühne im Hegel-Gymnasium ab. Inszeniert wurde sie von Allan Mathiasch und Michael Neumaier im Theaterstück Netzflimmern. Um den Eltern im Umgang mit der Mediennutzung ihrer Kinder zu helfen, hat die Stuttgarter Sicherheitspartnerschaft das Projekt ins Leben gerufen.

 

Die Schauspieler auf der Bühne lassen die Diskussion um das Handy eskalieren. Der Vater nimmt dem störrischen Sohn das Smartphone gewaltsam weg. Dieser reagiert wütend und beleidigt den Vater. Beide Seiten fühlen sich unverstanden und gehen im Zorn auseinander. „Wie kann man das besser machen?“, fragt Mathiasch, der eben den Vater gespielt hat. Er schlägt vor, die Intelligenz der Masse zu nutzen, denn die ist in Form von ungefähr 40 Müttern und Vätern im Publikum vorhanden. Jeder könne mit einem Stop das Spiel anhalten und Verbesserungsvorschläge machen.

Beim erneuten Spielen der Szene kommen bereitwillig Vorschläge aus dem Publikum. „Hingehen und den Sohn beim Ansprechen berühren“, ruft ein Zuschauer. „Das Wort ‚immer‘ vermeiden“, ergänzt der nächste. „Selbst Vorbild sein und den eigenen Laptop ausmachen“, fügt jemand hinzu. Eine Mutter erklärt sich sogar zum eigenen Einsatz auf der Bühne bereit. Konsequent setzt sie sich durch, der Zögling landet im Bett und das Mobiltelefon ausgeschaltet auf dem Tisch. Das Publikum reagiert mit lautem Gelächter und Applaus.

„Mit dem interaktiven Stück wollen wir den Eltern dabei helfen, ein Bauchgefühl für den Umgang mit den neuen Medien zu entwickeln“, sagt Mathiasch. Schließlich seien die Eltern in einer Zeit aufgewachsen, in der es noch keine Smartphones und kein Internet gab. Doch auch wenn Kinder sich in dieser neuen Welt manchmal besser auskennen als die Eltern, könnten sie noch lange nicht alles richtig einschätzen. „Alle warnen davor, zu fremden Leuten ins Auto zu steigen. Genauso muss man Kinder vor den Gefahren im Internet warnen“, sagt Mathiasch’s Schauspielkollege Neumaier. Denn von diesen Gefahren gebe es im Internet genug.

Zum Beispiel Cybermobbing. Zu diesem Thema tritt die Polizistin Silke Stegmaier auf die Bühne. „Mobbing gab es schon immer, aber es ist durch die neuen Kommunikationsmittel um ein vielfaches schlimmer geworden“, sagt sie. Rund um die Uhr und überall auf der Welt würden die Opfer beleidigt, bedrängt und bedroht. Vielen sei dabei nicht klar, dass man sich auch online strafbar machen könne. Sie rät dazu, nicht vor Anzeigen zurückzuschrecken. „Den Tätern müssen Grenzen aufgezeigt werden.“

Das Theaterstück zeigt, dass die Lebenswelt von Kindern heute sehr komplex geworden ist. Wie streng oder locker die Eltern dabei mit den Kindern umgehen, müsse jeder selbst für sich entscheiden, sagt Mathiasch. Die Schauspieler regen die Eltern dazu an, mit den Kindern zu sprechen, Neugier zu zeigen, sich aktuelle Dinge erklären zu lassen, zuzuhören und mitzureden. Wer selbst ein Gefühl für die Themen bekomme, könne die Kinder besser unterstützen und ihnen vermitteln, wie sie selbstbestimmt, verantwortungsbewusst, kritisch und kreativ mit den Medien umgehen.

Für die Fragen der Eltern stehen nach dem Stück die Polizistin Stegmaier und Gabriela Parditka vom Landesmedienzentrum an Infoständen zur Verfügung. Das Landesmedienzentrum bietet darüber hinaus verschiedene Workshops zur Medienbildung an Schulen an.

Neben dem Polizeipräsidium und dem Landesmedienzentrum sind auch die Baden-Württembergische Bank und der Förderverein Sicheres und Sauberes Stuttgart an dem Projekt beteiligt. Das Theaterstück wird noch bis zum Juli an weiteren Schulen im Raum Stuttgart aufgeführt.