Dass an dem neuen Solarprojekt am Römerhügel vieles rekordverdächtig ist, beeindruckt die Ludwigsburger Stadträte kaum. Sie befürchten, dass Eidechsen vertrieben und Nachtschwärmer angelockt werden.

Ludwigsburg - Wenn es um eine große Anlage mit Sonnenkollektoren geht, denken die Ludwigsburger Stadträte nicht zuerst an Energie und Nachhaltigkeit, sondern an verängstigte Eidechsen und disziplinlose Bürger: Die Verwaltung wollte sich jetzt im Bauausschuss die Zusage für den Bau der mit 15 000 Quadratmetern Fläche deutschlandweit größten Solarthermieanlage sichern, die die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim (SWLB) realisieren werden. Aber das nötige Ja gab es erst nach einer längeren Debatte über Sinn und Unsinn von Aussichtsplattformen und Reptilienzäunen.

 

Pionierleistung in Sachen Sonnenenergie

Nicht allein die Größe des Projekts sei rekordverdächtig, meinte der Stadtplaner Martin Kurt. Mit einer Planungsdauer von gerade mal zehn Monaten sei ein enorm hohes Tempo vorgelegt worden. Ein Grund dafür: Die Anlage muss bis Mitte 2020 fertig sein, weil andernfalls die Zuschüsse des Bundes verloren gehen. Und die sind erheblich: Von den auf 13 Millionen Euro geschätzten Gesamtkosten will Berlin etwa zehn Millionen Euro übernehmen, weil es bei der Anlage am Römerhügel um „eine Pionierleistung mit bundesweiter Ausstrahlung“ gehe, hatte die Parlamentarische Staatssekretärin im Umweltministerium des Bundes anlässlich der Förderzusage 2017 erklärt: „Wenn Sie zeigen, was möglich ist, werden es Ihnen viele andere nachmachen“, sagte Rita Schwarzelühr-Sutter damals.

Auch der Wärmespeicher wird gebaut

Für Aufregung hatte indes im Sommer 2018 die Bekanntgabe gesorgt, dass zum sogenannten Solar-Heat-Grid-Projekt außer einem Solarfeld auch ein 20 Meter hoher Turm gehört, der gleich neben dem Holzheizkraftwerk (HHKW) in der Weststadt errichtet werden soll. „Wir haben Workshops mit den Anwohnern veranstaltet und erklärt, worum es geht“, sagte SWLB-Teamleiter Martin Klein im Januar. Das habe die Gemüter beruhigt. „Mittlerweile haben wir die Baugenehmigung für den Wärmespeicher“, sagte Klein jetzt im Ausschuss. „Demnächst beginnen wir mit dem Fundament und ab Mai wird er in die Höhe wachsen.“

„Aber muss denn da unbedingt eine Aussichtplattform gebaut werden?“, fragte die Stadträtin Christine Knoß (Grüne). „Wir befürchten, dass es da zu abendlichen Gelagen kommt.“ Stattdessen solle man mehr Rücksicht auf die Eidechsen nehmen, die ohnehin schon unter der Anlage zu leiden hätten.

Es droht Vandalismus

„Man sollte den Publikumsverkehr aus der Anlage heraushalten“, meinte Harald Lettrari (parteilos). Wenn da immerzu Menschen durch die Anlage liefen, würden die Tiere vertrieben. Und auch Bernhard Remmele (Freie Wähler) pflichtete bei: Man müsse alles tun, um Vandalismus rund um die Solaranlage zu unterbinden.

„Die Aussichtsplattform wird auf jeden Fall gebaut“, sagte Klein, „denn das ist ein ausdrücklicher Wunsch des Fördermittelgebers“. Allerdings hätten sich die Mitarbeiter der SWLB auch schon Gedanken über mögliche Risiken gemacht.

„Es gibt genug Dächer für Kollektoren“

„Wir haben beschlossen, dass wir die Aussichtsplattform so bauen, das man sie verschließen kann“, sagte Klein. Man müsse es einfach testen: Sollte es tatsächlich zu Beschädigungen kommen, werde die Plattform nachts abgesperrt. Es sei auch nicht so, das jeder einfach zwischen den Kollektoren herumspazieren könne, versichert der Projektverantwortliche: „Die eigentliche Anlage ist komplett eingezäunt.“

Elga Burkhardt lehnt das Projekt sowieso ab. „Ich möchte klarstellen, dass ich selbstverständlich für die Energiewende bin“, sage die Lubu-Stadträtin. „Aber ich finde, es gibt auf Hausdächern ausreichend Flächen für solche Kollektoren.“