Presst man Kohlendioxid aus der Luft in Basalt, bremst das den Klimawandel

Stuttgart - Der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas, deren Verbrennung riesige Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid in die Luft bläst, dürfte sich noch einige Jahrzehnte hinziehen. In dieser Zeit steigt der Gehalt des Treibhausgases in der Atmosphäre weiter an und heizt dem Klimawandel zusätzlich ein. Um das zu verhindern, könnte das Klimagas in Kraftwerken mit längst bekannten Techniken abgefangen werden, müsste dann aber weiter verwendet oder sicher gelagert werden. Dafür bietet die Natur mit der Verwitterung zwar eine Patentlösung an, die Kohlendioxid in Gestein umwandelt. Nur dauert dieser Prozess Jahrtausende und taugt daher kaum als rasch greifende Klimabremse. Viel schneller ist dagegen die Alternative, die Jürg Matter von der Universität im englischen Southampton und seine Kollegen jetzt in der Fachmagazin „Science“ vorstellen: Pressen sie eine CO2-Wasser-Lösung in Basalt, verwandelt sich das Klimagas in weniger als zwei Jahren in festes Gestein.

 

„Dabei kopieren wir genau die gleiche Verwitterung, die sonst Jahrtausende dauert“, erklärt der Schweizer Forscher. Getestet hat Jürg Matter dieses Verfahren in Island, weil dort für Geothermie-Kraftwerke schon etliche Bohrungen in den Untergrund getrieben wurden, in die eine CO2-Lösung eingeleitet werden kann. Nutzen die Wissenschaftler diese Löcher, sparen sie Forschungsgelder für teure eigene Bohrungen. Obendrein kommen dort mit dem heißen Wasser für das 300 Megawatt Geothermie-Kraftwerk Hellisheidi jedes Jahr mit den Vulkangasen 40 000 Tonnen Kohlendioxid aus dem Untergrund an die Oberfläche, wovon Jürg Matter den Betreibern immerhin 220 Tonnen abnehmen konnte.

Dieses Kohlendioxid presst der Forscher in Wasser. Dabei passiert nichts anderes als in einer Sprudelmaschine, mit der viele Haushalte sprudelndes Mineralwasser in der eigenen Küche herstellen: Das Gas löst sich nicht nur im Wasser, sondern reagiert auch mit ihm und bildet dabei Kohlensäure. Nur drückt Jürg Matter deutlich mehr CO2 als die Sprudelmaschine in das Wasser, die Lösung ist daher mit einem Säurewert von pH 3,0 auch deutlich saurer als das Getränk zuhause. Das saure Wasser wiederum beschleunigt die Verwitterung stark, die normalerweise an Silikat-Mineralien stattfindet, die relativ viel Kalzium und Magnesium enthalten.

Solche Silikate finden sich auch im Basalt, der entsteht, wenn zähflüssiges Magma-Gestein aus dem Erdmantel an die Oberfläche dringt und dort zu fester Lava erstarrt. Dieser Basalt aber bildet nicht nur den allergrößten Teil des Meeresbodens unterhalb einer locker aufliegenden Sedimentschicht, sondern stellt auch rund zehn Prozent aller Gesteine auf dem festen Land. „Wir haben also mehr als genug Speicherplatz für Kohlendioxid“, erklärt Matter. Beim Erstarren der Lava bilden sich reichlich Spalten und Klüfte. Die Forscher können daher eine CO2-Lösung einfach in das Gestein einleiten, auf das ökologisch umstrittene Fracking können sie im Basalt verzichten. 25 Kilometer östlich der isländischen Hauptstadt Reykjavik pumpen sie die Flüssigkeit dann in den 20 bis 33 Grad Celsius warmen Basalt in Tiefen zwischen 400 und 800 Metern. Rasch beginnt in den Klüften und Spalten die geochemische Reaktion, bei der aus Kohlendioxid am Ende Karbonat-Gestein wird, das die Zwischenräume langsam auffüllt.

Zwei Jahre nach Beginn des Experiments untersuchen die Forscher den Untergrund genau: Mindestens 95 Prozent des eingeleiteten Kohlendioxids sind in dieser Zeit zu Stein erstarrt und können so den Klimawandel nicht weiter anheizen. „Solange in der Übergangszeit zu einer nachhaltigen Energieversorgung Kohle- und Gaskraftwerke noch weiterlaufen, kann das dort entstehende Kohlendioxid daher im Basalt zuverlässig gelagert werden“, erklärt Jürg Matter. Um zu zeigen, dass diese Bremse für den Klimawandel auch im großen Maßstab funktioniert, läuft gerade das nächste Projekt an: Jedes Jahr wollen die Forscher dann zehntausend Tonnen CO2 im Basalt unterbringen.