Ein  Lastwagen, der mit Erdbeeren, Blumenkohl und Wein beladen ist, kommt aus noch ungeklärter Ursache von der Fahrbahn ab, fährt die Böschung hoch und kippt um. Die Polizei verschiebt die komplizierte Bergung des Unfallfahrzeuges in die verkehrsarmen Abendstunden.

Rutesheim - Your trash is my cash – dein Müll ist mein Bargeld“. Wegen dieses internationalen Spruchs der Abschleppdienste und Entsorger muss sich keiner aus der Branche schämen, wenn man sieht, mit wie vielen Gefahren und mit welch schwerer Arbeit der Job verbunden ist. Das zeigt sich auch beim dem schweren Lastwagenunfall am Donnerstagmorgen auf der A 8 bei Rutesheim.

 

Aus noch ungeklärter Ursache prallt um 5.40 Uhr ein italienischer Sattelzug auf der Autobahn in Richtung Karlsruhe kurz nach der Abfahrt Rutesheim gegen die rechten Leitplanken. Unter der Brücke der Straße in Richtung Perouse schießt der Lastwagen die Böschung hinauf und kippt auf dem Standstreifen um. Der Fahrer und der Beifahrer des mit Erdbeeren und Blumenkohl beladenen Fahrzeugs werden leicht verletzt.

Die beiden Männer müssen von der Feuerwehr aus dem Führerhaus befreit werden. „Dafür haben wir die Frontscheibe des Fahrzeugs aufgeschnitten“, sagt Stefan Rometsch. Der stellvertretende Kommandant der Feuerwehr Leonberg leitet den Einsatz. Der Rettungsdienst kümmert sich um die Verletzten.

Zum Glück ist nichts in die Kanalisation gelaufen

Ein etwa 500 Liter Diesel fassender Zusatztank des Lastwagens ist bei dem Unfall abgerissen und ausgelaufen. „Unter der Brücke hatte sich bereits eine große Pfütze gebildet“, schildert Rometsch. Die Feuerwehrleute streuen Bindemittel aus und verhindern so, dass der Kraftstoff in die Kanalisation laufen kann. Gleichzeitig wird der Tank leer gepumpt. Die Feuerwehrleute saugen außerdem aus Sicherheitsgründen aus dem unbeschädigten Tank des Lastwagens 300 Liter Diesel ab, ebenso 80 Liter des Abgasreinigungsmittels Ad Blue.

Die Feuerwehr kontrolliert die Ladeliste des Sattelschleppers und gibt Entwarnung: Kein Gefahrgut an Bord! „Diese Liste zu finden, gehört auch zu unseren Aufgaben“, erläutert Stefan Rometsch.

Der Lastwagen hat frische Erdbeeren, Blumenkohl und Wein aus Italien geladen, auf einem großen Zettel an einer der umgekippten Kistenstapel ist „Bremen“ zu lesen. „Es wäre schade, wenn dem etwas passiert ist“, witzeln die Feuerwehrleute. Die Wehren aus Leonberg und Rutesheim sind mit sechs Fahrzeugen und 30 Einsatzkräften, davon 13 aus Rutesheim, am Unfallort.

Um 20 Uhr beginnt die Bergung

Die A 8 Richtung Karlsruhe muss zunächst voll gesperrt werden. Kurz nach 6 Uhr ist der linke und kurz vor 7 Uhr auch der mittlere Fahrstreifen wieder frei. Der Verkehr staut sich auf zehn Kilometern. Weil zwei Spuren der wichtigen Autobahn tagsüber problemlos befahrbar sind, entscheidet die Polizei, mit der Bergung des umgekippten Sattelzuges erst abends um 20 Uhr zu beginnen. Der rechte Fahrstreifen in Richtung Karlsruhe bleibt an der Unfallstelle den ganzen Tag gesperrt. „Wir sind bemüht, die Behinderungen durch die Bergung möglichst gering zu halten“, sagt ein Polizeisprecher. Am Donnerstagmorgen staut sich der Verkehr auf der Umgehungsstraße an Rutesheim vorbei. Das große Chaos bleibt aber aus.

Nachdem die Feuerwehr gegen 8 Uhr abgezogen ist, geht der Einsatz für die Mitarbeiter des Leonberger Abschlepp- und Bergungsunternehmens Gross erst richtig los. Aus dem Lager werden Container, Euro-Paletten und Gabelstapler zur Unfallstelle gekarrt. Das Unternehmen ist sowohl mit der Bergung der Ladung als auch des Sattelschleppers betraut.

Bis 20 Uhr muss die Ladung geborgen sein

„Wir gehen von rund 20 Tonnen Ladung aus“, schätzt der Bergungsleiter Michael Eberle. Mit Gewalt müssen die Männer die verbogenen Hintertüren des Lastwagens öffnen, damit sie sich einen sicheren Zugang ins Innere des umgekippten Lastwagen verschaffen und an die Ladung herankommen. Ein Mitarbeiter setzt einen großen Trennschleifer an, um störende Metallteile abzuschneiden, während ein anderer einem Feuerlöscher bereit hält. „Man kann nie wissen, worauf die Funken fallen“, erläutert er

Zunächst wird das Bergegerät aufgestellt, dann warten die Männer auf einen sogenannten Havarie-Kommissar. Dieser entscheidet gemeinsam mit der Spedition, ob die intakte Ladung in einem Kühlraum zwischengelagert wird. „Was nicht verwertet werden kann, kommt in die Container und wird in die Müllverbrennungsanlage gefahren“, sagt Bergungsleiter Eberle.

Bis um 20 Uhr muss die Ladung geborgen sein. Dann rückt ein weiterer Trupp des Unternehmens an: Die Spezialisten, die den umgekippten Lastwagen aufrichten. „Dafür fahren zwei unsrer Teleskopkräne vor, der eine kann 90 Tonnen und der andere 70 Tonnen heben, trotzdem wird es knifflig, weil der Lastwagen ungünstig und teilweise unter der Brücke liegt“, erklärte Eberle. „Doch das schaffen wir“.

Der Verkehr fließt an der Unfallstelle vorbei

Währenddessen rauschen in geringer Distanz die Lastwagen auf der Autobahn 8 vorbei. „Das macht den Job gefährlich, man muss immer mindestens mit einem Auge den Verkehr im Blick haben – jeder zweite hat ein Handy in der Hand und schwätzt oder will filmen“, beobachtet der Bergungsspezialist immer wieder.

Damit die Bergung gut vonstatten gehen kann, sichern Mitarbeiter der Autobahnmeisterei mit ihren Spezialfahrzeugen die Unfallstelle. Deren Job ist nicht minder gefährlich, wie jüngst ein Unfall gezeigt hat, bei dem ein Lastwagen das Sicherungsfahrzeug der Autobahnmeisterei gerammt hat. „Wäre das Sekunden früher passiert, hätte es für vier Kollegen tragisch enden können“, sagt ein Mitarbeiter, der Teile der Leitplanke wegräumt, die auf 200 Metern beschädigt wurde

Die Mitarbeiter der Autobahnmeisterei gehören zu den ersten, die einen Unfallort ansteuern, aber sie sind die letzten, die ihn verlassen. Denn sie entscheiden, ob die Fahrbahn sicher ist und wieder frei gegeben wird. „Beim ausgelaufenen Diesel hatten wir dieses Mal Glück, dass es auf den gepflasterten Bereich unter der Brücke passiert und nichts ins Erdreich versickert ist“, sagt ein Mitarbeiter der Autobahnmeisterei, während er den Wildschutzzaun am Straßenrand beobachtet, den der Unfalllaster auch beschädigt hat. „Den müssen wir schnellsten reparieren, um die Leitplanken kümmert sich eine Spezialfirma“.