Im Westflügel des Hohenheimer Schlosses erstrahlen Vorlesungsräume und Büros in neuem Glanz. Doch trotz optimierter Belegung fehlen Räume.

Stuttgart - Hell, freundlich und mit neuester Medientechnik bestückt präsentieren sich die beiden frisch renovierten Hörsäle im Westflügel des Hohenheimer Schlosses. Den Vautz-Mang-Architekten ist es mit der Sanierung zugleich gelungen, die neue Raumgestaltung in ein stimmiges Gesamtkonzept des historischen Baus einzupassen. 1,23 Millionen Euro hat die Sanierung dieses Schlossteils gekostet, zu dem auch die Büros im Obergeschoss gehören. Dass dies innerhalb von zehn Monaten Bauzeit gelang, lag auch an den engen zeitlichen Vorgaben. Anlass dafür sei die Schadstoffbelastung durch PCB gewesen, berichtete Rektor Hans-Peter Liebig.

 

Bereits bei einer landesweiten Untersuchung im Jahr 2002 war in den Deckenplatten PCB entdeckt worden. Das Finanzministerium habe die Belastung zunächst jedoch so niedrig eingestuft, dass es eine Sanierung der betroffenen Bauteile bis 2010 zur Auflage gemacht hatte. Bis dahin habe man die Grenzwerte "immer mal wieder geprüft - und viel gelüftet", so Liebig. Als bei der Planung und weiteren Messungen 2009 festgestellt worden sei, dass die Schadstoffe auch in die Raumluft und andere Bauteile eingedrungen seien, habe er die Hörsäle geschlossen. "Wegen der potenziellen Gefährdung Schwangerer", so Liebig. "Die geänderte Gefährdungsbewertung hat uns kurzfristig unter Zugzwang gesetzt", so der Rektor am Donnerstag bei der Übergabe der sanierten Räume.

Die Zahl der Studierenden hat sich verdoppelt

Zwischenzeitlich mussten die Vorlesungen in der Aula stattfinden. Nun sei man froh, die Hörsäle wieder nutzen zu können. Von etlichen Studierenden und Kollegen habe er positive Rückmeldungen über die gelungene Sanierung erhalten, so Liebig. Jedoch reichten die beiden Hörsäle mit ihren 132, beziehungsweise 65 Plätzen nicht aus, um die Raumnot der Uni entscheidend zu lindern. In den vergangenen zehn Jahren habe sich die Zahl der Studierenden von 4500 auf 9000 verdoppelt - "aber es hat keine Verdopplung der Räumlichkeiten gegeben", sagte der Rektor. Und er betonte: "Es ist nicht nur eine gefühlte Enge - die Räume sind wirklich knapp. Wir brauchen auch noch Spielraum für Kongresse und Großveranstaltungen, aber auch genügend Raum für Prüfungen. Vor allem brauchen wir einen großen Hörsaal." Darüber liefen Gespräche mit dem Wissenschafts- und dem Finanzministerium. Hinzu komme: "Der Wachstumskurs der Uni Hohenheim ist noch nicht beendet. Wir streben 10.000 Studierende an - dauerhaft."

Außerdem komme auf die Uni wachsender Sanierungsbedarf zu, nicht zuletzt wegen verschärfter Brandschutzauflagen. Derzeit sei auch die Zentralbibliothek davon betroffen und komplett ausgelagert worden. Sybille Müller, die Leiterin des Unibauamtes, schloss nicht aus, dass bei weiteren Maßnahmen erneut Schadstoffe gefunden und umfassende Sanierungen nötig werden könnten - was etwa bei vielen Stuttgarter Schulen der Fall ist.

Die Hörsäle waren überfüllt

Vor drei Jahren hatten die Hohenheimer Studierenden massiv dagegen protestiert, dass die Hörsäle überfüllt und viele von ihnen mit Fernsehübertragungen vorliebnehmen mussten - trotz 500 Euro Studiengebühren. Damals waren "nur" 6300 Studierende eingeschrieben. Inzwischen hat die Uni einen Hörsaalmanager eingesetzt und damit beauftragt, die Belegung der Räume zu optimieren. Offenbar mit Erfolg, denn seither gibt es weder Fernsehübertragungen noch Studentenproteste wegen überfüllter Hörsäle mehr.

Liebig räumte ein, es sei auch ein Lernprozess gewesen. "Es war großer Druck auf die Kollegen notwendig." Zumindest auf jene, "die meinten, ihre Lehre mit Fernsehveranstaltungen durchführen zu können". Inzwischen habe man Studenten engagiert, um zu prüfen, ob die per Anmeldung belegten Räume tatsächlich belegt seien.