United Airlines hat ein Problem: Die Welle der Empörung ebbt nicht ab, nachdem die Fluggesellschaft einen Passagier gewaltsam aus einem überbuchten Flugzeug holen ließ. Und die Entschuldigung kommt viel zu spät.

Chicago - (AFP/dpa). Fast 48 Stunden hat es gedauert, bis sich der Vorstandschef von United Airlines für den gewaltsamen Rauswurf eines Passagiers aus einer überbuchten Maschine entschuldigt hat. „Ich bin noch immer erschüttert davon, was auf diesem Flug passiert ist, und ich entschuldige mich aufrichtig bei dem gewaltsam entfernten Kunden und allen Kunden an Bord“, erklärte Oscar Munoz.

 

Doch der Image-Schaden für die Airline ist bereits immens. Im Internet kursierende Videos von Mitreisenden zeigen den brutalen Rausschmiss des aus Vietnam stammenden Mediziners, der seit mehreren Jahren in den USA lebt. Drei Polizisten forderten am Sonntag vor dem Abflug aus Chicago nach Louisville im Bundesstaat Kentucky den Mann auf, seinen Platz zu räumen. Als der 69-Jährige sich weigerte, zerrte ihn einer der Beamten von seinem Sitz. Dabei stieß der Fluggast mit dem Kopf gegen eine Sitzlehne, der blutende Mann wurde schreiend durch den Gang geschleift. Auch die anderen Insassen reagierten schockiert. Die Szene, in Handy-Videos eingefangen und im Internet veröffentlicht, setzt die US-Fluggesellschaft United Airlines unter Druck. Dabei versucht das Unternehmen seit längerem, seinen ramponierten Ruf aufzupolieren.

Mit dem Schlagwort „Boycotunited“ (boykottiert United) wird in sozialen Netzwerken zum Widerstand aufgerufen. Viele fragen: Was kann der Passagier für die Überbuchung? Viele Airlines kalkulieren diese Situationen bewusst ein. In der Regel suchen sie nach Freiwilligen, die ihren Platz räumen, und helfen nach, indem sie Geld, Rabatte oder Freiflüge bieten. Das tat auch United bei besagtem Flug, doch das Angebot fand keinen Anklang.

Die erste Entschuldigung des Vorstandschef hat weltweit für Empörung gesorgt

„Niemand sollte so behandelt werden“, erklärte Munoz in seiner Stellungnahme am Dienstag. Der Vorfall sei „wirklich schrecklich“. United Airlines übernehme die Verantwortung dafür und werde daran arbeiten, die Dinge zu arrangieren. Diese Erklärung, zwei Tage nach dem Vorfall, ging deutlich weiter als bisherige Äußerungen des United-Chefs. In einer internen E-Mail an die Angestellten von United Airlines, die von US-Medien veröffentlicht wurde, hatte Munoz anfangs versucht, dem Passagier zumindest eine Teilverantwortung zu geben und diesen als „Störenfried und aggressiv“ dargestellt. Die Angestellten von United Airlines hätten die festgelegten Regeln angewandt, die für solche Situationen gälten.

Die erste Reaktion von Munoz hatte weltweit für Empörung gesorgt. Selbst das Weiße Haus äußerte sich und bedauerte den „unglücklichen“ Vorfall. Im chinesischen Online-Netzwerk Weibo gab es zehntausende Kommentare, viele Nutzer warfen United Airlines Rassismus vor. Später erklärte Munoz auf der Website des Unternehmens, es sei „für uns alle ein erschütternder Vorfall“. Sein Unternehmen werde den Fall untersuchen und bemühe sich darum, „die Lage zu klären“. United Airlines will auch den internen Umgang mit Überbuchungen prüfen und bis Ende des Monats Ergebnisse dazu vorlegen.

Am Flughafen von Chicago demonstrierte am Dienstagabend (Ortszeit) eine Gruppe asiatischstämmiger US-Bürger gegen den Rauswurf des Passagiers. Dieser stehe in Zusammenhang mit „einem größeren Problem der Gewaltanwendung durch Sicherheitskräfte gegen Schwarze, Mischlinge, Araber und Asiaten sowie Illegale im ganzen Land und in Chicago“, erklärte die Gruppe. US-Fluggesellschaften dürfen laut Verkehrsministerium bei Überbuchung eines Flugs Passagiere auch gegen ihren Willen abweisen, wenn keine Freiwilligen gefunden werden. Diese Regelung gilt auch in der EU.

Ein Beamter der Flughafenpolizei wurde nach dem Vorfall beurlaubt

Am Dienstag eröffnete das US-Verkehrsministerium eine Untersuchung, um zu klären, ob die Fluggesellschaft die Regeln für den Fall einer Überbuchung eingehalten hat. Zuvor hatte die Luftfahrtbehörde in Chicago erklärt, dass das Vorgehen der Flughafenpolizei „nicht in Übereinstimmung mit unseren Standards für die Einsatzprozeduren stand“. Der Beamte, der den Passagier mit sich geschleift habe, sei mit sofortiger Wirkung beurlaubt worden. Die Anwälte des betroffenen Passagiers teilten mit, ihr Mandant sei nach wie vor im Krankenhaus und werde bis auf weiteres keine Erklärung abgeben.