Saudi-Arabien eskaliert die Rivalität mit dem Iran, wie die Exekution des schiitischen Geistlichen Nimr al-Nimr zeigt. Riad ist ein unkalkulierbarer Verbündeter. Den Westen sollte dies besonders beunruhigen, meint der StZ-Autor Martin Gehlen.

Stuttgart - Man braucht nicht lange zu rätseln, was die saudischen Herrscher zu ihrem blutigen Neujahrsauftakt bewogen haben mag. Den Mächtigen in Riad ging es vor allem darum, mit der Exekution des schiitischen Predigers Nimr al-Nimr ein spektakuläres Fanal zu setzen. Ihn betrachtete das Königshaus als Aufwiegler des Iran auf eigenem Boden. Mit der an ihm vollstreckten Todesstrafe will Saudi-Arabien demonstrieren, dass es bereit ist, seine Rivalität mit der Islamischen Republik künftig noch ganz anders zu eskalieren als bisher.

 

Westliche Appelle an Riad verhallen wirkungslos

Und so entwickelt sich das Königreich für Europa und die USA von einem problematischen zu einem unkalkulierbaren Verbündeten, denn die saudische Besessenheit von der Islamischen Republik entzündet immer neue Brandherde in einer Region, die schon jetzt an ihren inneren Wirren zugrunde zu gehen droht. Der Jemenkrieg ist eine politische und menschliche Katastrophe. Der Umgang mit der eigenen schiitischen Minderheit wird immer provokanter und verbohrter. Brüssel und Washington müssen erleben, dass ihre Appelle zu mehr Kompromissbereitschaft, Toleranz und Meinungsfreiheit wirkungslos verhallen. Kein Wunder – solange sich die westlichen Waffenverkäufer in Riad die Klinke in die Hand geben, wird Saudi-Arabien seinen Kurs nicht ändern.