Unternehmen aus Filderstadt-Bonlanden Warum Herma nun eine Streuobstwiese hat

Die Firma Herma will bis 2040 vollständig klimaneutral werden. Der Nachhaltigkeitsmanager Marcus Gablowski ist maßgeblich für den Prozess zuständig. Dazu gehören auch kleine Maßnahmen wie die neue Streuobstwiese auf dem Gelände des Unternehmens. Foto: Caroline Holowiecki

Das Unternehmen aus Filderstadt-Bonlanden hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt: Bis 2040 will es komplett klimaneutral sein. Dafür wird an ganz kleinen, aber auch sehr großen Schrauben gedreht.

Die Firma Herma aus Filderstadt-Bonlanden hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt und das Ende aller fossilen Brennstoffe im Unternehmen eingeläutet. Bis 2040 will man vollständig klimaneutral werden – also unter Berücksichtigung der kompletten Lieferkette samt aller Vorprodukte und Rohstoffe. Bereits bis 2030 sollen die eigenen CO₂-Emissionen im Vergleich zu 2021 um mehr als 42 Prozent sinken. Maßgeblich dafür zuständig ist Marcus Gablowski. Er ist seit Januar 2022 der Nachhaltigkeitsmanager im Haus. „Die Netto-Null 2040 hat man mir zum Start mitgegeben“, sagt er. „Wir sehen das schon auch als unsere Verantwortung, unseren Beitrag zu leisten“, fügt er an. Freilich schwingt auch ein finanzieller Aspekt mit. So verfolgt die Firma etwa das Ziel, sich von Gaslieferungen unabhängig zu machen.

 

Gas spielt vor allem im Geschäftsbereich Haftmaterialherstellung eine entscheidende Rolle. Die riesigen Trockner werden fast ausschließlich mit Gas betrieben. Hier soll umgestellt werden. Vieles dreht sich bei den Planungen im Unternehmen um eine strombasierte Produktion. Verwendet wird bei Herma schon jetzt Ökostrom, vor allem gewonnen aus Wasserkraft. Damit werden etwa die fahrerlosen Transportfahrzeuge angetrieben, welche Papierrollen durch Hallen befördern. „Das Thema Elektrifizierung ist gestartet“, sagt Gablowski, und damit meint er mehrere Aspekte. Der interne Fuhrpark wird auf E-Autos umgestellt, auch mit Photovoltaik soll viel passieren. 1200 Module fürs Dach einer riesigen Produktionshalle seien bereits bestellt. 500 000 Kilowattstunden pro Jahr sollen sie produzieren – in erster Linie für den Eigenverbrauch. Reichen wird das freilich nicht. „Der erwartete Energieertrag entspricht etwa 2,5 Prozent unseres Stromverbrauchs“, sagt der Nachhaltigkeitsbeauftragte. Weitere PV-Anlagen sollen folgen. „Das Problem ist die Statik, sodass wir auf andere Techniken gehen werden müssen“, sagt er. Leichtere Module seien Optionen oder Platzierungen an Fassaden.

Der Nachhaltigkeitsmanager hat eine lange To-do-Liste

Marcus Gablowskis To-do-Liste für die kommenden Jahren ist lang: Umstellung auf LED-Beleuchtung, mögliche Beteiligungen an Energieparks, Optimierung von Produktionsprozessen, Neuerungen in Sachen Dampferzeugung oder Ausbau der Wärmerückgewinnung, denn Letzteres „ist der Bereich, wo wir die höchste Effizienz haben“. Manches muss sich noch finden. So werde überlegt, ob und wie man Wasserstoff einsetzen könne. „Wir werden das Thema Last- und Speichermanagement in den nächsten zwei Jahren massiv angehen“, erklärt er.

Herma beteiligt sich freiwillig an der international aktiven Science Based Target Initiative (SBTi), einem Netzwerk, dem sich weltweit bereits Tausende Unternehmen angeschlossen haben, um ein wissenschaftlich fundiertes Klimaziel zu setzen. Herma bekennt sich zum 1,5-Grad-Celsius-Ziel des Pariser Klimaabkommens, Maßnahmen und Fortschritte müssen jährlich an die SBTi berichtet werden. Zudem verpflichtet sich die Firma, die CO₂-Emissionen in der gesamten Lieferkette schon bis 2030 um mehr als 25 Prozent zu senken. Sprich: Auch andere Unternehmen werden beleuchtet, etwa dazu, wie deren CO₂-Fußabdruck ist. Marcus Gablowski betont, dass Nachhaltigkeit ein weiteres Feld sei. Dazu gehörten ebenso Aspekte wie etwa Arbeitsbedingungen.

Die Maßnahmen kosten Millionen

Auch Kleinvieh macht bekanntlich Mist, daher wird auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit auch an ganz kleinen Schrauben gedreht. Mitten auf dem Werksgelände wurde eine 500 Quadratmeter große Wildblumenwiese für Insekten angelegt, hinter einer grauen Produktionshalle gibt es seit Kurzem eine Streuobstwiese. „Mit alten, aber klimaresistenten Sorten“, sagt Gablowski über die acht Bäumchen. Alles in allem sind die großen und kleinen Maßnahmen mit deutlichen Investitionen verbunden. Bis 2023 spricht er von einem nicht sehr niedrigen zweistelligen Millionenbetrag.

Daten und Fakten

Das Unternehmen
Die Firma Herma wurde 1906 gegründet und hat sich im Bereich Verpackungs- und Produktkennzeichnung positioniert. Die Unternehmensgruppe erzielte im Geschäftsjahr 2022 in den drei Geschäftsbereichen Haftmaterial, Etiketten und Etikettiermaschinen mit ihren rund 1200 Mitarbeitern – davon etwa 900 am Standort Bonlanden – einen Umsatz von 510,6 Millionen Euro. Der Exportanteil lag bei 64 Prozent.

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