Lehrer müssen ihre Reisekosten nicht mehr selbst tragen. Das belastet die Budgets für Ausflüge. Das Land hat sie jetzt verdoppelt.

Altkreis - Hiobsbotschaft für die einen, notwendige Rechtsprechung für die anderen: Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass verbeamtete Lehrkräfte nicht mehr ganz oder teilweise auf die Erstattung ihrer Reisekosten bei Schulausflügen oder Studienfahrten verzichten dürfen. Laut Dienstanweisung des Regierungspräsidiums dürfen deshalb seit November 2018 Veranstaltungen außerhalb des Unterrichts im Land nur noch genehmigt werden, wenn das Schulbudget dafür ausreicht. Damit stünden viele für die Bildung notwendige Klassenfahrten und Ausflüge auf der Kippe, kritisieren Lehrer, die Direktorenvereinigung Nordwürttemberg und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

 

Dieses Schulbudget richtet sich grundsätzlich nach der Schülerzahl und wird mit einem komplizierten Schlüssel errechnet. Am Berufsschulzentrum Leonberg beispielsweise standen für 180 Lehrkräfte und etwa 130 Klassen lediglich 4500 Euro in einem Kalenderjahr zur Verfügung, erläutert Pressesprecher Rüdiger Koch. In der Praxis hätten Lehrkräfte bei größeren Klassenfahrten bislang 50 bis 60 Prozent ihrer Kosten erstattet bekommen, weil das Jahresbudget damit aufgebraucht war. „Den Rest bezahlen die Kollegen dann natürlich selbst“, so Koch. Beim Großteil von Veranstaltungen außerhalb des Unterrichts – Museums- und Theaterbesuche, Betriebsbesichtigungen oder erlebnispädagogische Ausflüge – verzichtete der Hauptteil des BSZ-Kollegiums bisher auf eine Erstattung der Kosten.

Künftig alle anfallenden Reisekosten abrechnen

In Zukunft aber müssen ausdrücklich alle Kosten beantragt und abgerechnet werden. Für die letzten Monate 2018 gab es noch eine Ausnahmeregelung bei allen bereits beantragten Veranstaltungen. „Aber für dieses Jahr sehen wir da ein großes Problem auf uns zurollen. Unterm Strich bedeutet die Dienstanweisung nämlich, dass wenn das Schulbudget aufgebraucht ist, ausdrücklich keine Veranstaltungen mehr genehmigt werden dürfen“, interpretiert Koch die Vorschrift. Vieles Gewohnte wie die Jugend-forscht-Gruppe und der Mountainbike-Alpencross-Seminarkurs würden künftig wohl ausfallen müssen, beklagt er. Die Schüler und Eltern bekämen die Problematik dann übrigens erst mit, wenn ihre geplante Klassenfahrt dann doch nicht stattfinden könne.

Michael Burgenmeister, Sprecher der Direktorenvereinigung Nordwürttemberg, bestätigt diese Einschätzung. „Es gehört viel Enthusiasmus dazu, mit auf Studienfahrt zu gehen“, sagt der Schulleiter. „Die allermeisten Lehrer mussten auf die Reisekosten verzichten, sonst wären viele Reisen gar nicht zustande gekommen“, berichtet er aus der Praxis. Eine Ausweichmöglichkeit gibt es zumindest für die Lehrerschaft, damit eine Veranstaltung doch genehmigt wird: Sie können tatsächlich ihre eigenen Kosten auf die Klasse umlegen, dann entfielen sie ja für die Lehrkräfte. „Allerdings trifft dies natürlich die Schüler und Eltern – insbesondere die finanzschwächeren Familien – weswegen wir diesen Weg nicht gehen wollen“, so der Direktorensprecher.

Landesregierung hat die Zuschüsse verdoppelt

Grüne und CDU im Landtag haben die Zuschüsse verdoppelt. Statt 3,45 Millionen Euro umfasst der Reisekosten-Etat dieses Jahr 7,32 Millionen Euro. Die Landesfinanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) hatte einen Vorschlag von Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) unterstützt. Sprecher des Finanzministeriums und der beiden Fraktionen bestätigten dies. Die Böblingerin Thekla Walker, finanzpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, versprach: „Klassenfahrten sollen auch in Zukunft ein selbstverständlicher Teil der schulischen Bildung sein, aber nicht mehr auf Kosten der Lehrer stattfinden.“

Am Leonberger Albert-Schweitzer-Gymnasium, an dem 612 Schüler von 57 Lehrern betreut werden, hat man noch nichts gehört von der Verdoppelung des Reisekostenbudgets, das hier knapp unter 2000 Euro gelegen hatte, wie Direktor Klaus Nowotzin erläutert. Der Betrag orientiere sich seines Wissens an der Schülerzahl in den beiden Abschlussklassenstufen. Jürgen Schwarz, Direktor des Rutesheimer Gymnasiums mit 1200 Schülern und 100 Lehrkräften, kann bislang über einen Topf mit 4000 Euro verfügen und ergänzt: „Seither haben wir manchen Betrag auch noch von unserem Förderverein erhalten.“ Wie viel ihre Schule künftig für Lehrerreisen bekommen wird, hat auch die Direktorin Gaby Bundschuh aus Renningen noch nicht erfahren. Ihr Gymnasium, in dem 587 Schüler von 68 Lehrern unterrichtet werden, hat sich seither aus einem Topf mit 1820,60 Euro bedienen müssen.

Roman Peters, Leiter des Johannes-Kepler-Gymnasiums Leonberg mit ähnlich vielen Schülern in 28 Klassen und 65 Pädagogen sei mit den etwa 2000 Euro jährlich „bis jetzt immer einigermaßen hingekommen“ – natürlich unter der finanziellen Mithilfe der Lehrerschaft. Seit der Dienstanweisung aus dem RP hätten sich alle an die neuen Regularien gehalten.

Als „einen unhaltbaren Zustand“ ordnet Rolf Bauer die bisherige Finanzierung von Klassenfahrten ein: „Die Lehrer haben Zeit investiert und in ,Juhes’ übernachtet und mussten dafür noch teilweise selbst bezahlen“, prangert der Leiter des JKG in Weil der Stadt an, in dem sich 650 Schüler und 60 Lehrer gegenüberstehen. Er hofft, dass das Ganze mit der doppelten Summe künftig besser wird. Seine Schule hat im vorvergangenen Jahr 2100 Euro erhalten und zudem noch 400 Euro aus Restmitteln.