Der US-Rockstar Jon Bon Jovi veröffentlicht mit seiner Band am 2. Oktober das Album „2020“. Und er hat einiges zu sagen: zum Beispiel über Donald Trump und Greta Thunberg.

New Jersey - Zahnpastalächeln, graue Haare, kein Gramm Fett am Leib: Rockstar und Schauspieler Jon Bon Jovi (eigentlich John Francis Bongiovi jr.) ist 58, aber altert würdevoll. Mit seiner Band Bon Jovi wollte er das Album „2020“ schon im April veröffentlichen – dann kam der Lockdown. Beim Gespräch erzählt er vom gesellschaftlichen Klima in Amerika, von seinem sozialen Engagement – und dem seines Sohnes.

 

Mr. Bongiovi, wie politisch ist das neue Bon-Jovi-Album?

Es geht in den Liedern um Waffengewalt, das schwierige politische und soziale Klima und was uns trotzdem verbindet. Die Songs sind jedoch nicht explizit politisch, sondern universell. „2020“ ist ein so wichtiges Jahr, aber ich habe mich mehr als je zuvor bemüht, in den Songs keine Partei zu ergreifen, um die politische Spaltung Amerikas nicht noch mehr anzuheizen.

Sondern?

Momentan herrscht ein Schwarz-Weiß-Denken, ein Grundgefühl von: „Du bist entweder für oder gegen mich.“ Aber das sollte nicht die Art sein, wie wir als Gesellschaft miteinander kommunizieren. Mir ist es fast schon egal, wie die politische Einstellung einer Person ist; ob sie für oder gegen Trump ist. Ich will mit allen in den Dialog treten und helfen.

Und das tun Sie durch die Musik?

Ich stelle darin Fragen! Im Song „Lower the Flag“ frage ich auch diejenigen, die gegen strengere Waffengesetze sind: „Wenn deine Familie und deine Kinder dabei um Lebens kämen – wie würdest du dich dann fühlen? Lass uns drüber reden!“ Meine Hoffnung ist, dass das auch die härtesten Waffenbefürworter zum Nachdenken bringt.

Hat Sie ein konkretes Ereignis beeinflusst?

Die beiden Massenschießereien in Dayton, Ohio, und El Paso, Texas, sind der Grund, warum der Song existiert. Sie lagen zeitlich nur 24 Stunden auseinander. Man hatte nicht mal mehr Zeit, ein Ereignis zu verarbeiten, da folgte schon das nächste. Das Leid war grauenvoll und hat mich sehr bewegt.

Bei der letzten US-Präsidentschaftswahl haben Sie die Demokraten unterstützt. Ist das immer noch so?

Ich habe mich für Ms. Clinton engagiert, davor für Präsident Obama und Präsident Clinton – in den vergangenen 25 Jahren für so ziemlich jeden Anwärter der Demokraten. Diesmal habe ich es vom Kandidaten abhängig gemacht. Denn wenn Amerika durch die Wahl Trumps etwas gelernt hat, dann dass er die Stimmen derer hörte, die bis dahin nicht gehört worden waren. Das war vermutlich das einzig Gute, was die Sache mit sich brachte. Jetzt aber brauchen wir jemanden, der uns nicht weiter spaltet, sondern eint: die bisher Stummen und diejenigen, die bereits gehört wurden.

Ist Joe Biden so ein Mensch?

Ich traue ihm zu, dass er das schafft. Das ist die Aufgabe: ein gesellschaftliches Klima mit Zusammengehörigkeitsgefühl zu erzeugen.

Sie haben drei Restaurants, wo sich Obdachlose eine warme Mahlzeit verdienen können und Sie auch selbst gern mal mitanpacken. Warum ist Ihnen diese Arbeit so wichtig?

Es hat wohl mit meinem ethischen Grundverständnis zu tun. Ich selbst bin in sehr sicheren und wohlbehüteten Verhältnissen aufgewachsen. Mir wurde durch den Job die Möglichkeit gegeben, die Welt zu sehen – Arm und Reich, Glamour und Abgründe. Irgendwann kam ich an einen Punkt in meinem Leben, wo ich andere Dinge tun wollte, als nur in einer Rock-’n’-Roll-Band zu spielen.

Sind schwierige Zeiten gut, um kreativ zu sein?

Wenn man Augen und Ohren offen hält für das, was um einen herum geschieht, bietet jeder Tag Gelegenheiten, ein Lied zu schreiben. Im März hätte ich noch über Harrys und Meghans Ausstieg aus dem britischen Königshaus schreiben können, was ich mir zum Glück verkniffen habe. Heute könnte ich über das Corona-Virus schreiben.

Beschäftigen Sie sich viel mit den aktuellen Nachrichten?

Wir leben in Zeiten der Reizüberflutung. Es gibt Tage, da ist auch mir alles zu viel. Dann schalte ich ab und blockiere alle diese Eindrücke.

Macht Sie etwas besonders wütend?

Das Ignorieren des Klimawandels macht mich richtig sauer! Die Behauptung, dass er nicht existiert, ist sowohl durch Gier als auch durch mangelnde Gesprächsbereitschaft motiviert, was letztendlich Arroganz ist. Aber das macht wohl jeden vernünftigen Menschen wütend.

Mögen Sie Greta Thunberg?

Ich habe enormen Respekt vor diesem jungen Mädchen. Ich wäre stolz darauf, ihr persönlich sagen zu können, dass sie großartige Arbeit für ihre Generation, für Kinder und für Menschen im Allgemeinen leistet. Sie ist klasse.

Beeindruckt Sie die junge Generation?

Oh ja! Die Kids leben viel bewusster als noch vor einigen Jahren. Ich kann mich an keine Zeit erinnern, in der sich Highschool-Kids so sehr auf politische Gespräche eingelassen haben. Mein Sohn Jake hat im Dezember einen Protestmarsch gegen das Nichthandeln der Regierung bezüglich der Massenschießereien an amerikanischen Schulen organisiert. Und er hat in der Stadt, in der er aufs Internat geht, für das Bürgermeisteramt kandidiert – ein 17-jähriger Bursche! Das ist unglaublich! Er hat sich bei seiner Kandidatur auf das Thema Umwelt konzentriert. Inspiriert hat ihn Gretas Engagement. Mir wäre als 17-Jähriger so etwas nicht im Traum eingefallen.

Vielleicht lag’s an seiner guten Erziehung?

Vielleicht. (lacht)

Das bewegte Leben des Jon Bon Jovi

Privat
Jon Bon Jovi (eigentlich John Francis Bongiovi jr.) ist seit mehr als dreißig Jahren mit seiner Highschool-Liebe Dorothea Rose Hurley verheiratet. Sie haben vier Kinder und engagieren sich zusammen gemeinnützig und politisch.

Aktuell
Das Bon-Jovi-Album mit dem Titel „2020“ (Universal/Island) erscheint am 2. Oktober.