Ein weiterer Mitbewerber um die republikanische Präsidentschaftskandidatur in den USA wirft das Handtuch. Langsam wird es dünn an der Spitze.

Miami - Als Aida Zayas das Atrium der Florida International University in Miami betritt, ahnt sie, dass es etwas Unangenehmes bevorsteht. Aber die kubanisch-stämmige Frau, eine engagierte Aktivistin der örtlichen Republikaner, gibt sich zuversichtlich. “Das wird schon klappen”, sagt sie mit einem Blick auf die Fernsehschirme, auf denen die ersten Ergebnisse der Vorwahl in ihrem Bundesstaat Florida zu sehen sind. Die schlanke Frau mit brünettem Haar gehört zu ein paar hundert Anhängern des jungen Möchtegern-Präsidenten Marco Rubio, die sich offensichtlich in diesem Moment die Wirklichkeit schönreden.

 

Es hat dann doch nicht geklappt. Schon anderthalb Stunden nach Schließung der Wahllokale am Dienstagabend stellt sich der 44 Jahre alte Rubio in der Universitätsvorhalle an ein Rednerpult und sagt, dass er seinem Konkurrenten Donald Trump zum Wahlerfolg gratulieren wolle. “Buh, buh, buh”, rufen seine Anhänger. “No, no, no”, ruft Rubio und sagt, dass man schon das Votum der Wähler respektieren müsse. Und dann er lässt er wie beiläufig fallen, dass er aus dem Präsidentschaftsrennen aussteigen werde. Einen Augenblick lang ist es völlig still im Saal. Auch Aida Zayas fehlen die Worte.

Marco Rubio gibt auf

Mit Marco Rubio gibt einer der letzten Bewerber den Wahlkampf auf, dem die Führung der US-Republikaner noch zugetraut hat, Donald Trumps Siegeszug aufzuhalten. Aber Rubio ist nicht einmal in der Lage gewesen, seinen Heimatstaat Florida zu gewinnen. Das macht die Niederlage für den jungen Politiker, der erst 2010 in den Senat in Washington eingezogen ist, noch bitterer. Rubio sagt, das Land befinde sich mitten in einem politischen Sturm, einem Tsunami gar: “Und wir hätten es kommen sehen müssen.“

Jetzt bleiben nur noch drei Anwärter auf den Titel des offiziellen Kandidaten der Republikaner für die Präsidentschaftswahl im November: der Immobilienmilliardär Donald Trump, der mit seinem populistischen Auftreten zum Liebling der Wutbürger geworden ist; Ted Cruz, der erzkonservative Senator aus Texas, den viele Beobachter in den USA für gefährlicher als Trump halten. Und schließlich der moderate John Kasich. Er ist Gouverneur des Bundesstaates Ohio. Er gewinnt dort am Dienstag auch die Vorwahl.

Trump eilt von Sieg zu Sieg

Das ist ein kleiner Stolperstein für Trump. Ob das allerdings ausreichen wird, um Trump davon abzuhalten, die 1237 Delegiertenstimmen zu sammeln, die für eine Nominierung als Präsidentschaftskandidat nötig sind, ist zweifelhaft. Trump eilt von Sieg zu Sieg, am Dienstag gewinnt er die Vorwahlen in Florida, North Carolina und Illinois. Für Missouri liegt das Ergebnis am späten Abend noch nicht vor, aber auch dort liegt Trump leicht vorne.

Republikanische Parteistrategen hoffen, dass Trump bei den Vorwahlen in den kommenden Wochen die absolute Mehrheit der Delegiertenstimmen für den Nominierungsparteitag im Juli in Cleveland verpasst. Das gäbe ihnen theoretisch die Chance, doch noch einen Kandidaten wie Cruz oder Kasich zum Kandidaten zu küren. Das würde allerdings nach Einschätzung von Experten nur funktionieren, wenn Cruz oder Kasich nur einen kleinen Rückstand auf Trump hätten. Danach sieht es allerdings momentan nicht aus.

Keine hundert Kilometer nördlich von Miami steht Donald Trump an diesem Abend in seinem kitschig-pompösen Anwesen Mar-a-Lago und gibt sich gönnerhaft. Rubio, sagt Trump, habe eine große Zukunft vor sich. Allerdings nicht mehr in diesem Wahlkampf. Aber das sagt Trump gnädigerweise nicht. Er gefällt sich lieber in der Rolle des unverhofften Siegers. Niemand in der Geschichte der Politik, sagt der Milliardär, sei jemals so stark bekämpft worden wie er. Das sei “bösartig und schlimm”. Dann fügt er hinzu, dass er trotzdem von Sieg zu Sieg eile. “Erklär mir einer, wie das gehen kann. Ich kann es nicht”, sagt Trump.

Duell zwischen Trump und Clinton?

Nach jetzigem Stand läuft es im Kampf um die Nachfolge von Präsident Barack Obama auf ein Duell zwischen Donald Trump und der Demokratin Hillary Clinton hinaus. Die Ex-Außenministerin deklassierte ihren einzigen Konkurrenten Bernie Sanders am Dienstag bei den Vorwahlen in Florida, North Carolina, Illinois und Ohio. Sie dürfte von Sanders kaum noch einzuholen sein. Allerdings will der Senator aus Vermont noch im Rennen bleiben, um damit Clinton zur Übernahme möglichst vieler seiner Ideen zu zwingen. Sanders nennt sich einen sozialistischen Demokraten, ruft zu einer politischen Revolution in den USA auf, verspricht die Banken an die Kette zu legen, will das Universitätsstudium kostenlos und eine allgemeine Krankenversicherung einführen - und ist deswegen vor allem unter jungen Wählerinnen und Wählern sehr beliebt.

Aida Zayas, die treue Rubio-Anhängerin hat inzwischen den ersten Schock wegen des Ausstiegs ihres Favoriten aus dem Präsidentschaftsrennen überwunden. Sie steht im Atrium der Florida International University von Miami, hat Tränen in den Augen und sagt, sie möchte erst einmal gar nichts mehr sagen. Dann sagt sie aber doch etwas: “Ich weiß es, irgendwann einmal wird Marco der Präsident sein, ich weiß es.”

Die Vorstellung, Trump könnte demnächst ins Weiße Haus einziehen, schaudert Aida Zayas. Zu Beginn der Abschiedsrede Rubios, als sie noch Hoffnung hatte, hat sie schließlich gesagt: “Trump ist ekelhaft, brutal, er ist ein Demagoge, und er ist ein Ignorant.” Und dann hat Aida Zayas mit der schärfsten Waffe der Wähler gedroht: “Wenn Trump der Kandidat der Republikaner wird, dann werde ich zum ersten Mal seit meinem 18. Geburtstag nicht zur Wahl gehen.”