Joe Biden und Donald Trump haben sich bei den Vorwahlen ihrer Parteien die notwendigen Delegiertenstimmen gesichert. Jetzt geht der Wahlkampf erst so richtig los.

Washington - US-Präsident Joe Biden und sein Amtsvorgänger Donald Trump haben sich die nötige Zahl an Delegierten für die Nominierung als Präsidentschaftskandidaten ihrer jeweiligen Parteien gesichert. Damit läuft es auf ein erneutes Duell der beiden Rivalen bei der Präsidentenwahl am 5. November hinaus. Die heiße Wahlkampfphase ist eingeläutet.

 

Offiziell gekürt werden die Kandidaten bei den Parteitagen der Demokraten und Republikaner im Sommer. Den tief gespaltenen USA steht nun ein erbitterter Wahlkampf bevor, bei dem sich zwei im gegnerischen Lager jeweils äußerst unpopuläre Kontrahenten ein erbarmungsloses Kopf-an-Kopf-Rennen ums Weiße Haus liefern werden. Der Wahlausgang dürfte für die USA wegweisend sein und auch über die Rolle der größten Volkswirtschaft und Militärmacht in der Welt entscheiden. 

Trump und Biden nehmen Schwelle für Kandidatur

Wer in den Vereinigten Staaten Präsidentschaftskandidat werden will, muss sich zunächst in parteiinternen Abstimmungen in den verschiedenen Bundesstaaten durchsetzen. Nun wurde bei der Vorwahlrunde bei den Demokraten und Republikanern unter anderem in den Bundesstaaten Georgia, Mississippi und Washington abgestimmt. Eine Woche zuvor hatten Biden und Trump am wichtigen Wahltag "Super Tuesday" bedeutende Gewinne eingefahren. Im Anschluss warf die Republikanerin Nikki Haley als letzte verbliebene Kontrahentin Trumps hin. Biden hatte von Anfang an keine ernst zu nehmende Konkurrenz in seiner Partei. 

Biden knackte bereits am frühen Abend die Marke der bei den Demokraten notwendigen 1968 Delegiertenstimmen. Trump erreichte die bei den Republikanern erforderliche Schwelle von 1215 Delegierten wenige Stunden später. Bei den Parteitagen im Juli und August müssen sich die Delegierten in der Regel an die Abstimmungsergebnisse bei den Vorwahlen halten und können nicht einfach einen anderen Kandidaten wählen. 

Was auf dem Spiel steht

Bei dem Rennen zwischen Trump und Biden handelt es sich um die erste Neuauflage eines Duells ums Weiße Haus mit denselben Kandidaten seit rund 70 Jahren. Zuletzt traten in solch einer Konstellation der Republikaner Dwight D. Eisenhower und der Demokrat Adlai Stevenson 1952 und 1956 gegeneinander an. Eisenhower wurde beide Male zum US-Präsidenten gewählt. Während Stevenson damals seine Niederlage eingestand, wäre das bei Trump nicht sicher, sollte er die Wahl verlieren. Der Republikaner versuchte nach der verlorenen Wahl 2020, das Wahlergebnis zu kippen. Bis heute verbreitet er die Mär vom Wahlbetrug und lässt offen, ob er das amtliche Ergebnis der Präsidentenwahl diesmal anerkennen würde. Für Amerikas Demokratie könnte dies eine erneute Zerreißprobe bedeuten.

Doch auch ein Sieg Trumps würde wohl einen entscheidenden Test für die politischen Institutionen bedeuten und könnte das Land auseinanderreißen. Er macht keinen Hehl aus seiner Bewunderung für Autokraten und hat seinen politischen Gegnern bereits mit Rache gedroht. Zuletzt hofierte er in seinem Anwesen in Florida den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban, der mit autoritären Methoden regiert und die Rechtsstaatlichkeit in seinem Land ausgehöhlt hat. Herrschte während Trumps erster Amtszeit noch Chaos in dessen Kabinett, dürfte er beim zweiten Mal besser vorbereitet sein und treue Erfüllungsgehilfen um sich scharen.

Nachdem seine Nominierung gesichert war, wandte sich der Republikaner am späten Dienstagabend (Ortszeit) auf der von ihm mitbegründeten Plattform Truth Social an seine Anhänger. Dort bezeichnete er die USA unter anderem als "Dritte-Welt-Nation", in der sein Kontrahent Biden ihn juristisch verfolge. Trump versprach, man werde sich dieses "einst großartige Land zurückholen" und nannte die Wahl im November "den wichtigsten Tag in der Geschichte" der USA. 

Auch die westlichen Verbündeten blicken mit Sorge auf eine mögliche zweite Amtszeit des Republikaners, der auf Abschottung setzt. Dabei steht die weitere Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine genauso auf dem Spiel wie die Rolle der USA als verlässlicher Partner in internationalen Bündnissen wie der Nato. Trump verhängte während seiner Zeit im Weißen Haus auch etliche Zölle - so auch gegen Produkte aus der Europäischen Union. Sollte der Republikaner noch einmal ins Weiße Haus einziehen, könnte er Handelskonflikte wieder anheizen. 

Biden warnte nun auffallend scharf vor seinem politischen Gegner. "Die Bedrohung durch Trump ist größer ist denn je", mahnte er seine Landsleute. Donald Trump verherrliche Diktatoren und führe eine Kampagne der Feindseligkeit, der Rache und der Vergeltung, die den Grundgedanken der Vereinigten Staaten bedrohe. 

Was für Biden und Trump zum Problem werden könnte

Der 81-jährige Amtsinhaber ist allerdings selbst nicht frei von Makeln: Er ist schon jetzt der älteste US-Präsident aller Zeiten, immer wieder kommen Zweifel an seiner geistigen Fitness auf. Beim Beginn einer zweiten Amtszeit wäre er 82, am Ende seiner Präsidentschaft dann 86. Biden verhaspelt sich bei Auftritten regelmäßig, sucht nach Wörtern, verwechselt Personen und Orte. Aber auch Trump ist nicht mehr der Jüngste. Sollte der 77-Jährige noch einmal wiedergewählt werden, wäre er der älteste Politiker, der jemals ins Weiße Haus eingezogen ist. 

Biden hat noch ein weiteres Problem: Bei Vorwahlen etwa in den Bundesstaaten Michigan und Minnesota wurde deutlich, dass einige Wählerinnen und Wähler ihn für seine Unterstützung Israels im Gaza-Krieg abstrafen. Eine beachtliche Zahl an Parteianhängern verweigerte Biden dort die Stimme. Die beiden Abstimmungen galten als wichtiger Stimmungstest, weil in den beiden Bundesstaaten verhältnismäßig viele Muslime leben. Doch auch jüngere, linke Demokraten kritisieren den Präsidenten angesichts der vielen zivilen Opfer des israelischen Militäreinsatzes im Gazastreifen. 

Trump hingegen hat mit allerlei juristischen Problemen zu kämpfen. Der Ex-Präsident ist in gleich vier Strafverfahren angeklagt. Das gab es in der US-Geschichte noch nie. Mit juristischen Winkelzügen versucht er, die Prozesse gegen sich zu verzögern oder ganz zu verhindern. Die Verfahren haben es in sich: Es geht um versuchten Wahlbetrug, die mutmaßlich gesetzeswidrige Aufbewahrung von Geheimdokumenten und möglicherweise unrechtmäßig verbuchte Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin. Trump beteuert in allen Verfahren seine Unschuld und stellt die Ermittlungen gegen ihn als Versuch des Biden-Lagers dar, ihn kaltzustellen.

Wie es nun weitergeht

Für Trump dürfte nun die Entscheidung anstehen, wen er im Wahlkampf als designierten Vizepräsidenten oder Vizepräsidentin an seiner Seite haben will. Noch ist offen, auf wen die Wahl fallen wird - etliche Namen kursieren, auch der seiner einstigen Konkurrentin Haley. Bei Biden läuft es wohl auf seine aktuelle Vizepräsidentin Kamala Harris hinaus, die allerdings eher geringe Popularitätswerte vorweisen kann. Offen ist auch, ob neben dem Neffen des ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy, Robert F. Kennedy, noch ein weiterer Prominenter seinen Hut als unabhängiger Kandidat in den Ring werfen wird - und damit womöglich die Karten noch einmal neu mischt. Ein unabhängiger Kandidat wird zwar das Rennen nicht gewinnen, könnte Trump oder Biden aber entscheidende Stimmen kosten.