Kurz vor der Wahl spricht das FBI Hillary Clinton erneut in der E-Mail-Affäre von kriminellem Verhalten frei. Aber wie groß ist der bereits angerichtete Schaden?

Washington - Eine Prüfung neu entdeckter E-Mails hat keine Hinweise auf ein kriminelles Verhalten der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton ergeben. Das teilte der Chef der Bundespolizei FBI, James Comey, am Sonntag in einem Brief an Kongressmitglieder mit. Die neuerliche Untersuchung hatte Clinton zuletzt leichte Einbußen in den Umfragen beschert.

 

Clinton und ihr Kontrahent Donald Trump waren am Wochenende rastlos durch die am meisten umkämpften Bundesstaaten gereist, um die möglicherweise entscheidenden Stimmen für einen Sieg am 8. November zu gewinnen. Eine am Sonntag veröffentlichte Umfrage des Senders ABC und der „Washington Post“ zeigte Clinton US-weit mit fünf Prozentpunkten vor ihrem Rivalen. Eine Erhebung von NBC und „Wall Street Journal“ ergab einen Vorsprung von vier Punkten.

Wichtiger noch: Umfragen zeigen weiterhin eine solide Führung für Clinton bei den Stimmen im Wahlmännergremium, das am Ende den Präsidenten entsprechend den Ergebnissen in den einzelnen Bundesstaaten bestimmt. In einigen wenigen scheint sich das Gewicht zwar etwas zugunsten von Trump verschoben zu haben, aber er müsste weiterhin eine Serie der umkämpften Staaten hinzugewinnen, um Clinton zu schlagen.

Sicherheitsalarm bei Trump-Auftritt

Daher spurtet vor allem der Republikaner geradezu durch die USA: Allein am Sonntag standen Auftritte in Iowa, Minnesota, Wisconsin, Michigan, Pennsylvania und Virginia auf dem Programm, fünf weitere Staaten will er am Montag aufsuchen. Wie angespannt die Lage so kurz vor der Präsidentenwahl ist, zeigte ein Sicherheitsalarm bei einem Trump-Auftritt am Samstagabend in Reno im Bundesstaat Nevada. Beamte des Secret Service holten den Multimilliardär mitten während einer Rede abrupt von der Bühne, ein vermeintlich bewaffneter Mann wurde vorübergehend festgenommen. Er stellte sich später als harmloser Trump-Anhänger heraus.

Die nach einem Kundgebungsmarathon am Samstag heiser gewordene Clinton trat etwas kürzer. Sie hatte für Sonntag Kundgebungen in New Hampshire und Ohio angesetzt, für Montag stehen Stopps in North Carolina, Michigan und Pennsylvania auf dem Programm.

Keine strafrechtliche Verfolgung

Das für sie glimpfliche Ende der FBI-Untersuchung wird das Clinton-Team befeuern: „Wir sind froh, dass diese Angelegenheit gelöst worden ist“, hieß es dort am Sonntag. Behördenchef Comey teilte mit, es habe sich nichts an den Erkenntnissen vom Juli nach Abschluss früherer Ermittlungen geändert. Clinton habe sich zwar extrem sorglos verhalten, aber nichts getan, was eine strafrechtliche Verfolgung rechtfertige, so die damalige Bewertung.

Bei den Untersuchungen ging es darum, dass Clinton in ihrer Zeit als Außenministerin einen privaten Server in ihrem Haus auch für dienstliche Korrespondenzen genutzt hat. Wäre dadurch die Sicherheit der USA gefährdet worden, hätte das zu einer Anklage führen können. Der republikanische Kandidat Trump hatte ihr immer wieder kriminelles Verhalten vorgeworfen, seine Anhänger forderten, die frühere Außenministerin ins Gefängnis zu sperren.

Comey hatte Ende Oktober in einem Brief an Kongressabgeordnete erklärt, seine Behörde werde neu entdeckte E-Mails prüfen. Vor allem der Zeitpunkt der Bekanntgabe - nur elf Tage vor der Präsidentenwahl - hatte für Unmut gesorgt.