Kaum jemand kennt den Bundesstaat Idaho im Nordwesten der USA. Dabei bietet das spärlich besiedelte Land Wildwest-Romantik und grandiose Gefilde - ein Geheimtipp für Outdoor-Fans.

Boise - Damit fängt es schon mal an: „Wo genau liegt Idaho überhaupt?“, fragt der Sohn, fragen die Kollegen, fragen die Freundinnen. Im Nordwesten der USA, angrenzend an die kanadische Provinz British Columbia sowie an die US-Bundesstaaten Oregon, Nevada, Utah, Wyoming und Montana. Das Schöne ist: Weil so wenige Europäer Idaho kennen geschweige denn schon einmal dort waren, trifft man dort auf nicht allzu viele Touristen. Überhaupt ist Idaho sehr dünn besiedelt. In der Hauptstadt Boise - gesprochen „Boisi“ - leben knapp 250 000 Menschen, im gesamten Bundesstaat rund 1,7 Millionen. Statt Menschenmassen gibt es hier endlose Weite und Highways ohne nennenswertes Verkehrsaufkommen, strohblonde Pampa, mondartige Lavalandschaften, mäandernde wilde Flüsse, Wasserfälle, in der Ferne blau schimmernde Bergketten, große Ranches und kleine verschlafene Städtchen mitten im Nirgendwo - und im Herbst dieses irre leuchtende Indian-Summer-Licht. Wilder Westen. Ein Traum für gestresste Städter, die sich danach sehnen, einmal tief durchzuatmen.

 


Idahos bodenständiges und unprätentiöses Selbstverständnis lässt sich etwa an den Autokennzeichen ablesen. Auf den blau- roten Schildern prangt der Werbeslogan „Famous Potatoes“, damit jeder gleich weiß, dass er sich im Land der „berühmten Kartoffeln“ befindet. Die gedeihen auf riesigen, rund um die Uhr mit computergesteuerten Kreisberegnungssystemen (Center pivot irrigation) wie von Geisterhand bewässerten Feldern. In der Tat bekommt man wohl nirgendwo anders so krosse Pommes frites. Mit oder ohne Kartoffelschale, mit Chili con Carne obendrauf oder standardmäßig mit Ketchup. Idaho ist aber aus sehr viel mehr Gründen eine lohnende Destination als nur wegen seiner Kartoffeln. Das Stichwort heißt Outdoor. Urlauber können sich in dieser Landschaft mit ihren grandiosen Ausmaßen so richtig austoben: beim Mountainbike-Fahren, Klettern, Wandern, Fliegenfischen (Achtung: Lizenz vonnöten), beim Tontauben-Schießen, beim Raften oder Reiten, beim Baden in heißen Quellen, beim Motorradfahren, vorzugsweise auf standesgemäßen Harleys.


Drei Generationen arbeiten bei Cascade Raft & Kayak zusammen

Nirgends kommt man sich in die Quere, es ist genügend Platz da für alle und alles. Und diese kantigen Menschen! „Wir sind eine Kurze-Hosen-Familie“, erklärt etwa der sonnengegerbte Tom Long, der in Idaho eine Institution ist, wenn es um das Thema Rafting und Kajakfahren geht. „Wenn es im Winter zu kalt ist für Shorts, ziehen meine Familie und ich weiter südwärts zu unserer zweiten White-Water-Station. Im Frühjahr kommen wir dann zurück.“ Drei Generationen arbeiten bei Cascade Raft & Kayak in Horseshoe Bend zusammen. Es scheint alles „easy“ zu sein, ganz einfach, dieses Leben am und mit dem Wildwasser, das alle Schwierigkeitsgrade bietet, auch für Extrem-Kajakfahrer. „In den letzten zwei Wochen haben wir hier 700 Schulkinder durchgeschleust“, sagt Long. Seine Frau Debby leitet Reittouren, „in Idaho gibt es mehr Pferde als Einwohner“. Ein totaler Gegensatz zu den reißenden Flüssen und unbedingt sehenswert auf einem Idaho-Rundtrip ist das einsam gelegene Schutzgebiet „Craters of the Moon“ in der Ebene des Snake River.


Eine betörende Mondlandschaft vulkanischen Ursprungs tut sich vor den Besuchern auf, geprägt von längst erkalteter Lava, abgestorbenen Baumstümpfen, erloschenen Kratern und dunklen, kalten Höhlen, die nach Voranmeldung im Besucherzentrum des Parks besichtigt werden können. Es ist ganz still hier und wie in einer anderen Welt. „Die Landschaft nur anzuschauen ist langweilig, aber wenn du anfängst herumzulaufen, hast du plötzlich ein ganz spezielles Gefühl dabei. Ich weiß nicht, warum das so ist, probier’s einfach aus“, hat der Drittklässler Jonathan auf einer Schautafel aufgeschrieben. Das trifft es gut. Mondän wird es hingegen im vor allem als Winter-Urlaubsgebiet international bekannten Sun Valley. Die Schauspieler Clint Eastwood oder Tom Hanks haben ein Haus an diesem sonnenverwöhnten Ort, die Witwe von Apple-Gründer Steve Jobs lässt gerade eines bauen.


Literaturnobelpreisträger Ernest Hemingway besaß in Ketchum ein Haus

Und noch ein weltbekannter Star lebte und arbeitete hier: Der amerikanische Literaturnobelpreisträger Ernest Hemingway besaß in Ketchum ein (öffentlich nicht zugängliches) Haus. Dort erschoss sich der Schriftsteller am Morgen des 2. Juli 1961 im Alter von 61 Jahren - depressiv und in körperlich desolatem Zustand. Zur Hemingway-Tour in Ketchum gehören das Memorial mit einer Bronze-Büste in einem Park und die Grabstätte auf dem Friedhof, wo auch etliche andere Mitglieder des Hemingway-Clans begraben sind. Und man kann - von außen - einen Blick auf die Hotel-Suite Nr. 206 (heute Nr. 226) der legendären Sun Valley Lodge werfen, die findige Marketingstrategen Hemingway und seiner Begleiterin und späteren Frau Martha Gellhorn von 1939 an kostenlos zur Verfügung gestellt hatten. Durch die Anwesenheit des Weltstars sollten weitere illustre Gäste angelockt werden, erläutert der ortsansässige Hemingway-Experte Jim Jaquet beim Rundgang. „Sie haben eine Menge Prominente eingeladen, alle sind gekommen.“


Zum Beweis hängen in den Fluren des Luxushotels Schwarz-Weiß-Fotos von Schauspielern wie Peter und Jane Fonda, Marilyn Monroe, von Jazzmusiklegende Louis Armstrong, von Politikern wie Ex-US-Präsident Harry S. Truman. All dies sind Anlaufstellen glühender Hemingway-Fans, bei Einheimischen auch „Hemingway-Groupies“ genannt, wie Whitney Brothers, Reit-Guide bei den Sun-Valley-Ställen in Ketchum, mit süffisantem Unterton erzählt. Beim Ausritt auf einem steil ansteigenden Trail ins bergige Umland fühlt man sich auf den bestens ausgebildeten Westernpferden wie ein Cowboy. Die Zügel locker in einer Hand dirigiert Whitney die Gruppe in der goldenen Morgensonne bis auf ein Plateau mit Ausblick über das ganze Tal. „Ich mag meinen Job sehr“, sagt sie beim Fotostopp und strahlt übers ganze Gesicht. „Best of all he loved the fall“ („Am meisten liebte er den Herbst“) ist auf dem Sockel des Hemingway-Memorials eingraviert - Auszug einer Grabrede des Autors für einen verstorbenen Freund. Und ja, im Herbst ist es in Idaho vermutlich am allerschönsten. Die Stadt Ketchum ist Anlaufstelle glühender Hemingway-Fans.

Infos zu Idaho

Idaho


Anreise

Mit einem Stopp kann man z. B. ab Frankfurt via Chicago, Seattle oder San Francisco nach Boise fliegen. Hin- und Rückflug ab ca. 814 Euro mit Condor/Alaska Airlines bzw. ab ca. 900 Euro mit United Airlines/Lufthansa. www.condor.com , www.alaskaair.com , www.united.com , www.lufthansa.com


Unterkunft

Boise: Hotel Red Lion, geräumige Zimmer, gutes Frühstück, DZ ca. 90 Euro, www.redlion.com/boise
Ketchum: Sun Valley Lodge, Luxus-Resort mit Wellnessbereich und Eislaufbahn, Suite mit 2 Queensize-Betten, Ü/2 Erw./2 Kinder unter 18 J., ab 514 Euro , www.sunvalley.com/lodging/sun-valley-lodge


Sehenswertes und Ausflüge

Rafting und Kajakfahren: Cascade Raft & Kayak, Horseshoe Bend, www.cascaderaft.com
Ausritte: Sun Valley Stables, bei Ketchum, www.sunvalley.com/things-to-do/horseback-riding
World Center for Birds of Prey, Non-Profit-Vogelzucht-Zentrum, Boise, www.peregrinefund.org
Craters of the Moon, großes Schutzgebiet mit Lavalandschaft, www.nps.gov/crmo/index.htm
Mesa Falls, Ashton, wunderschöne Wasserfälle, an denen ein Steg entlangführt, www.visitidaho.org/attraction/waterfall/mesa-falls/
Hot Springs, Badelandschaft mit heißen Quellen, East Main, www.lavahotsprings.com


Allgemeine Informationen

Idaho Tourism, c/o Aviareps Tourism GmbH, Josephspitalstr. 15, 80331 München, Tel. 089 / 5 52 53 38 30, www.visitidaho.org