Varieté in Stuttgart Ein Zauberer auf Heimatbesuch

Julius Frack lässt es leuchten. Foto: Andreas Rosar

Er hat sich nach China gezaubert, und den Mannschaftsbus des FC Bayern wie aus dem Nichts erscheinen lassen. Keine Angst, das droht nicht im Friedrichsbau. Lokalmatador Julius Frack lässt lieber Lichter tanzen.

Der Geselle ist schon längst ein Meister. Doch seinen Künstlernamen trägt er noch. Julius Frack, der Schneidergeselle. Mit der Figur wurde der in Stuttgart-Möhringen geborene Stefan Zucht (48) in der Branche bekannt. Mit einer übergroßen Schere in der Hand schneiderte er wie von Zauberhänden einen Anzug, eine Nummer, die ihm Titel und Auftritte en masse und ihn letztlich nach Las Vegas zu den Kollegen Siegfried und Roy brachte.

 

Zurück in Stuttgart

Nichts könnte weiter weg sein vom Glamour der Spielerstadt Las Vegas als die Garderobe des Friedrichsbau-Varietés, zwei Tische, Spiegel, einige Stühle und Schränke. Julius Frack ist noch Stefan Zucht, trägt Zivil. Noch sind es einige Stunden bis zum Auftritt. Von der Nachbarin aus Tübingen hat er einen Hefezopf mitbekommen. Man kann sich gut vorstellen, wie sie sagt: „Bub iss, Du bist so dünn!“ Er ist immer noch ein Spargel, sein Schneiderfrack würde ihm immer noch passen. Den Lehrlingsjahren ist er allerdings entwachsen, viel hat er gelernt, seit damals, als er im Hohenheimer Paracelsus-Gymnasium in der Zauber-AG bei Eberhard Riese das Zaubern lernte. Wie so viele andere, etwa Topas, Roxanne, Fisselspecht.

Und seit er im Studentenwohnheim auf der Bühne seine Nummer vor Kommilitonen ausprobierte, „und ich in meiner Werkstatt gebohrt, gesägt, gehämmert, geschraubt und gelötet habe“.

Sind neue Techniken hilfreich?

Das macht er heute noch. Stundenlang, tagelang, wochenlang, monatelang. Auf der Suche nach der perfekten Illusion. Denn es ist alles nur eine Illusion. Oder doch nicht? Wer ihn bei „Just a Illusion“ sieht, fragt sich, ob der Mann nicht doch zaubern kann. Wie macht er das bloß? Wie lässt er die blauen Lichter wandern? Und wie um Himmels willen, lässt er auf den Papierbällen mitten im Publikum die Wörter erscheinen, die Besucher gerade von einer beliebig ausgewählten Buchseite vorgelesen haben?

Wer sich jetzt die Illusion bewahren will, darf nicht weiterlesen. Natürlich ist es ein Trick. Den Stefan Zucht nicht verrät. Ehrenkodex. So hilfreich neue Techniken beim Entwickeln von neuen Zaubereien sind, so sehr erschweren sie das Staunen. Er denke immer auch mit, ob die Erklärung zu nahe liege, sagt er. Selbst wenn sie nicht stimmt. Und verwirft dann auch mal einen Trick.

Die Zauberei mit den Bayern

Beim Bayern-Bus gab es kein Grübeln. Zu publikumswirksam war die Nummer. Auch ein Zauberer muss von was leben. Den neuen Bus zauberte er herbei. Er war fast leer. Es saß nur der damals angeschlagene Kicker Thiago Alcantara im Bus. „Er war der einzige, der durfte“, erinnert sich Zucht, die Bayern hatten Angst, dass sich Spieler verletzen könnten. Allerdings nicht, weil der Bus nicht mehr auftauchen könnte,sondern weil sie fürchteten, die Spieler könnten beim Aussteigen stolpern. Gegen Zaubereiunfälle sind die wertvollen Beine anscheinend nicht versichert. Ein halbes Jahr tüftelte Zucht mit zehn Helfern an dem Trick. Und musste am Ende noch mit Schwerlaststützen den Boden sichern. Der Bus wiegt nämlich 24 Tonnen, der Boden über dem unterirdischen Parkhaus trägt allerdings nur zwölf Tonnen.

In China zuhause

Für die Bühne ist er im Varieté nicht zuständig. Die trägt ihn und seine Kollegen. Für Stefan Zucht ist das auch ein Heimkommen. Heute abend werden seine Eltern vorbeischauen. Sie sehen sich selten. Er ist ein Handelsreisender in Sachen Magie und viel unterwegs. Als die Pandemie die Welt im Griff hatte, zog die Familie nach Indonesien. Seine Frau wollte auch mal raus aus Tübingen. Mittlerweile leben sie in China. Während er in Stuttgart im Varieté auftritt, arbeitet seine Frau in der Deutschen Schule in Schanghai als Lehrerin und kümmert sich dort um die fünf Kinder. Die Magie muss in der Familie liegen – so etwas geht nicht ohne Zauberkraft.

Das Staunen ist allüberall

Die nähere Zukunft werden sie in China bleiben. Zucht gründet dort gerade eine Firma, damit er auftreten kann. Tausende deutsche Firmen haben dort Niederlassungen, für Feiern bucht man gerne mal einen Magier. Auch sonst ist Julius Frack gefragt in China. Er besitzt dort den Hauch des Exotischen. Der Zauberer aus Europa. Gleichwohl kenne Magie keine Grenzen. „Die Nummern funktionieren überall gleich, auf der ganzen Welt sind die Zuschauer an den gleichen Stellen verblüfft“, sagt er.

Eine Idee ist nicht genug

Was auf der Bühne so leicht und selbstverständlich daherkommt, fällt nicht vom Himmel. Als Ein-Mann-Betrieb ist Zucht Techniker, Bastler, Buchhalter, Spediteur, Schneider, Texter, Dramaturg und Entertainer. „Das ist kein Selbstläufer“, sagt Zucht, „man muss sich immer wieder erneuern, immer wieder innovativ sein.“ Bis eine Idee aber so weit ist, dass sie auf der Bühne gezeigt werden kann, dauere es oft Jahre. Dafür gibt es keine Abkürzung, keinen Zauberspruch. Es braucht harte Arbeit und Disziplin bis aus einem Zauberlehrling ein Meister wird.

Just an Illusion

Die Show
„Just an Illusion“ ist noch bis zum 12. November zu sehen. Infos und Karten über www.friedrichsbau.de

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