Auch in Stuttgart bringen neue Veranstaltungsformate Start-ups und Etablierte immer öfter zusammen. In den Accelerate Spaces am Feuersee fand jetzt zum dritten Mal das so genannte Corporate Startup Meetup statt.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Zum dritten Mal hat die junge Firma Accelerate Spaces in ihrem Startup-Komplex am Stuttgarter Feuersee in einem lockeren Rahmen Vertreter von jungen Unternehmen mit Repräsentanten der etablierten Wirtschaft zusammengebracht. „Corporate Startup Meetup“ heißt im Gründer-Englisch das Format, das es nicht nur in Stuttgart, sondern auch in Gründerstädten wie Amsterdam oder Berlin gibt. „Die Teilnehmerzahl hat sich jedesmal verdoppelt“, sagt Geschäftsführer Johannes Ellenberg: „Vielleicht müssen wir das öfter machen als alle drei Monate.“

 

Nach Vorträgen und Praxisbeispielen für die Kooperation von Firmen und Gründern ist das anschließende Büfett das Herz dieser Veranstaltungen. Hier sollen Bekanntschaften und Kontakte zwischen den beiden Geschäfts-Kulturen entstehen, die angesichts des digitalen Umbruchs in vielen Branchen immer stärker voneinander abhängig sind. Das Treffen in Stuttgart ist nur eines der immer zahlreicheren Veranstaltungs- und Kooperationsformate, die in der Region Stuttgart in jüngster Zeit aus dem Boden schießen.

Paradebeispiel für die neuartige Zusammenarbeit

Ein Paradebeispiel für diese neuartige Zusammenarbeit präsentierte Nils-Christoph Ebsen, Geschäftsführer von W&W digital, eines erst im vergangenen November gegründeten, digitalen Ablegers des 190 Jahre alten Bauspar- und Versicherungskonzerns Wüstenrot und Württembergische (W&W). Die Startup-Beratungsfirma Etventure ist hier mit 49 Prozent Anteilseigner. „Wir wollen das Beste aus beiden Kulturen verbinden“, sagte Ebsen.

Die Zentrale sitzt in Berlin, um von der Dynamik und Schnelligkeit der dortigen Startup-Metropole zu profitieren. Andererseits gibt es auch eine Außenstelle in Stuttgart: „Wir wissen hier, wie Versicherungen funktionieren. Wir kennen die Regulierungsanforderungen, das kann ein Startup nicht,“ meinte Ebsen.

Kundeninterviews auf der Straße

Beim Markttest neuer Digitalprodukte tat man genau das, was Startups auch machen: Man ging für Interviews mit potenziellen Kunden buchstäblich vor die Tür, um zu erfahren, welche Probleme der Mann oder Frau auf der Straße im Alltag hat. Dann testete man einige Produkte erstmal unverbindlich im Internet. „Ich muss manchmal den Kollegen in der Firma beibringen, dass wir nicht eine neue Art von Marketingfirma sind, sondern dass jeder Mitarbeiter auf diese Weise hin zu den Kunden gehen muss“, sagte Ebsen. Ob neue Produkte bestehende Geschäfte kannibalisierten, sei egal: „Es ist besser, wenn wir das selber tun, als dass es andere machen.“

Oliver Böpple von der Beratungsfirme Youse demonstrierte, wie man im Rahmen des sogenannten Design Thinking, in insgesamt drei schnellen, erst einwöchigen, dann vierwöchigen und zuletzt dreimonatigen „Sprintphasen“ vom Konzept bis zum Markttest eine Produktidee mehrfach durchspielt, bis sie zu den Bedürfnissen der Kunden passt. Angesichts der wachsenden Komplexität und des immer schnelleren Tempos von Innovationen seien bisherige Planungsinstrumente wie Marktstudien und Projektgruppen obsolet.

„Vereinfachen und Vermenschlichen“ laute das Prinzip, wenn es darum gehe, die Probleme einzukreisen, für die man anschließend Produkte entwickle, sagte Böpple. Man könne nicht simpel genug anfangen. Er nannte als Beispiel Zipcar, einen großen Carsharing-Anbieter aus den USA. Der habe im Jahr 1999 mit einem einzigen Auto den Markt getestet. Sogar die per Code zu öffnende High-Tech Schlüsselbox sei erst mal nur eine Attrappe gewesen: Das erste Mietauto war offen.