Nach einem Medienbericht hat die Verbraucherzentrale Hamburg Klage gegen den Discounter Lidl eingereicht.

Neckarsulm - Die Verbraucherzentrale Hamburg hat den Discounter Lidl wegen unlauteren Wettbewerbs verklagt. Die Klage beim Landgericht Heilbronn wird unterstützt von der "Kampagne für Saubere Kleidung" (CCC) und dem "European Center for Constitutional and Human Rights" (ECCHR). Das Bündnis wirft dem Discounter vor, in der Eigendarstellung und Werbung fälschlicherweise den Eindruck zu erwecken, sich für sozialverträgliche Produktionsbedingungen einzusetzen.

Es besteht ein krasser Widerspruch zwischen der öffentlichen Darstellung Lidls und den tatsächlichen Verhältnissen in den Produktionsstätten der Lidl-Lieferanten", so Miriam Saage-Maaß vom ECCHR. Recherchen bei Lidl-Zulieferbetrieben in Bangladesch hätten ergeben, dass Näherinnen dort unter unmenschlichen Bedingungen zu arbeiten hätten. In den untersuchten Betrieben herrsche eine Atmosphäre von Beschimpfungen und Erniedrigungen vor. "Insbesondere die weiblichen Beschäftigten leiden unter den Wutausbrüchen und Beleidigungen, Anzüglichkeiten bis hin zu sexuellen Übergriffen und ertragen diese, weil sie nicht ihren Job riskieren wollen", heißt es im Recherchebericht.

Darüber hinaus reichten die Löhne nicht aus, um davon leben zu können. Überstunden würden nicht oder nur gering vergütet, Stundenzettel würden manipuliert. Im Betrieb herrsche ein striktes Redeverbot. "Wer bei der Arbeit oder in den Pausen redet, dem wird Agitation vorgeworfen", schreibt Gisela Burckhardt, die Herausgeberin des Berichts. In einigen Fabriken würden einzelne Beschäftigte observiert, sogar Klapse und Ohrfeigen seien alltäglich.

"Ohrfeigen und sexuelle Übergriffe"


Lidl wollte sich gestern zu den erhobenen Vorwürfen und zur Klage der Verbraucherzentrale nicht äußern. Stattdessen wird auf die Homepage verwiesen. Dort steht zu lesen: "Lidl trat 2006 als erster Discounter dem ,Europäischen Programm für Sozialstandards' (BSCI) bei. Als BSCI-Mitglied setzt sich Lidl für sozialverträgliche Produktionsbedingungen ein. Auf diese Weise leistet Lidl einen Beitrag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der weltweiten Lieferkette, vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern." Gerade diese Aussagen sind es, die die Verbraucherschützer zum Anlass nehmen, gegen Lidl zu klagen. "Lidl täuscht mit seiner Werbung die Verbraucher", sagt Günter Hörmann, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Hamburg. "Daher haben wir jetzt Klage wegen der irreführenden Werbung eingereicht."

Die Autorin des Berichts, Gisela Burckhardt, ergänzt: "Lidl betreibt Schönfärberei, mit dem BSCI-Kodex wollen sich Discounter ein Sozialmäntelchen umhängen, aber die Lage der Arbeiterinnen verbessert sich nicht." In der Tat ist nicht nur Lidl, sondern auch der Branchenführer Aldi Mitglied bei BSCI, einer Unternehmensinitiative, die nur zum Ziel hat, bestimmte Sozialstandards zu erreichen, jedoch keine Verpflichtung in dieser Sache eingeht. Schon vor einem Jahr hat die kirchlich getragene Nichtregierungsorganisation Südwind auf ähnlich gelagerte Missstände bei chinesischen Lieferanten von Aldi hingewiesen. "Die Arbeitsbedingungen bei Aldi-Lieferanten sind in gleichem Maß skandalös, und auch Aldi ist Mitglied bei BSCI", bekräftigt Burckhardt. Geklagt wegen unlauteren Wettbewerbs werde jetzt aber nur gegen Lidl. Man wolle sich einfach auf einen Discounter konzentrieren, sagt Burckhardt.