Womöglich hat die Deutsche Bank den engsten Vertrauten des russischen Präsidenten Wladimir Putin geholfen, Schwarzgeld zu waschen.

Stuttgart - Die Dimension der zweifelhaften Geschäfte, die über die Deutsche Bank in Russland abgewickelt wurden, könnte noch größer sein als bisher gedacht. Noch viel schlimmer für das Geldhaus aber ist der Verdacht, dass selbst in jüngerer Zeit noch gegen die gegen Russland verhängten Sanktionen verstoßen wurde. Das wäre ein herber Rückschlag für den im Juni angetretenen neuen Co-Chef John Cryan, der den schon vor Jahren angekündigten Kulturwandel der Bank nun energisch vorantreiben will. Cryan hatte Ende Oktober gesagt, die Bank habe zwar Rückstellungen für die Affäre gebildet. Sie könnten aber möglicherweise nicht ausreichen, das Institut sei hier „verwundbar“. Vor allem die US-Behörden sind unerbittlich, wenn es um Verstöße gegen Sanktionen geht.

 

Erstmals waren die verdächtigen Russland-Transaktionen im Juni aufgetaucht: Interne Prüfer hatten festgestellt, dass Kunden eine große Anzahl russischer Aktien kauften, um sie sofort wieder im Ausland in einer fremden Währung zu verkaufen. Die verdächtigen Handelsströme seien seit 2012 beobachtet worden, heißt es aus Finanzkreisen. Das eigentliche Problem aber, das nun für die Deutsche Bank ernst werden könnte: viele der Transaktionen gehen auf einige wenige Akteure zurück.

Kunden sollen Rubel-Schwarzgelder gewaschen haben

Womöglich hat die Bank damit den engsten Vertrauten des russischen Präsidenten Wladimir Putin geholfen, Schwarzgeld zu waschen. Zu den russischen Kunden der Bank hätten unter anderem die Brüder Arkadi und Boris Rotenberg gezählt, die zum engeren Zirkel von Russlands Präsident Vladimir Putin gehören. Arkadi Rotenberg sei Putins langjähriger Judo-Partner. Beide seien von den Sanktionen betroffen, die Amerika 2014 auferlegt hatte. Das macht es besonders schwer für US-Bürger und US-Unternehmen, mit den betroffenen russischen Personen und Firmen Geschäfte zu machen – vor allem, wenn es um Dollar-Transaktionen geht.

Bei den Untersuchungen geht es vor allem um sogenannte Spiegelgeschäfte, bei denen russische Kunden Wertpapiere im Moskauer Büro der Bank gekauft und dann die identischen Papiere in Fremdwährungen über die Londoner Niederlassung des Instituts wieder verkauft haben sollen. Auf diese Weise sollen die Kunden Rubel-Schwarzgeld gewaschen haben.

Insgesamt geht es nach den bisherigen Ermittlungen der Deutschen Bank sowie diverser Justizbehörden um ein Volumen von mindestens sechs Milliarden Dollar. Nach Berichten der Nachrichtenagenturen Reuters und Bloomberg sollen mittlerweile weitere ähnliche Kaufaufträge entdeckt worden sein, so dass es um zehn Milliarden Dollar gehe.

Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen

Die Deutsche Bank lehnte eine Stellungnahme zu den neuen Zahlen am Dienstag ab, verwies aber auf ihre bisherige Stellungnahme, der zufolge Aktienhandelsgeschäfte in Moskau und London untersucht würden, deren Gesamtvolumen „erheblich“ sei. Die Untersuchungen seien noch nicht abgeschlossen, aber „zum aktuellen Zeitpunkt wurden bestimmte Verstöße gegen Bankverordnungen und Mängel im Kontrollumfeld der Deutsche Bank festgestellt“. Gegen einzelne Personen seien disziplinarische Maßnahmen eingeleitet worden.

In Finanzkreisen heißt es, bei der Aufarbeitung der milliardenschweren Rechtsstreitigkeiten zähle Russland aktuell neben US-Hypothekenklagen und Vorwürfen der Günstlingswirtschaft in Asien zu jenen drei Fällen, die der Bank am meisten unter den Nägeln brennen. Große Teile des Russland-Geschäfts, insbesondere im Investmentbanking, gibt die Deutsche Bank als Konsequenz aus den Unregelmäßigkeiten auf.

Bisher hat nur die russische Zentralbank eine geringe Strafe gegen die Deutsche Bank verhängt, doch die Ermittlungen der US-Behörden dauern an – und das könnte teuer werden. In den vergangenen zwölf Monaten hat die Deutsche Bank bereits rund 2,75 Milliarden Dollar gezahlt, um eine amerikanische Untersuchung wegen Sanktionsverletzungen im Iran-Geschäft sowie einige britische Ermittlungen beizulegen.