Ausgerechnet der Gründer eines indischen Magazins, das sich vehement gegen Vergewaltigungen eingesetzt hat, wird nun vor Gericht angeklagt. Der Vorwurf: Vergewaltigung.

Delhi - Er ist das Idol vieler indischer Nachwuchsjournalisten. Kein anderes Medium in Indien prangerte sexuelle Gewalt und die Diskriminierung von Frauen so leidenschaftlich und vehement an wie sein Magazin „Tehelka“. Nun muss sich ausgerechnet dessen Gründer Tarun Tejpal wegen Vergewaltigung vor Gericht verantworten. Mehr als 2800 Seiten soll die Anklageschrift dick sein, 152 Zeugen wurden befragt. Falls man den 50-Jährigen schuldig befindet, könnten ihm bis zu sieben Jahre Haft drohen.

 

Die Anklage gegen den prominenten Journalisten, der in den VIP-Kreisen Indiens ein- und ausgeht, erregt das Land. So scheint der Skandal ein Schlaglicht darauf zu werfen, wie sehr sexuelle Gewalt selbst in vermeintlich aufgeklärten Kreisen und der High Society salonfähig ist – und wie tief die Doppelmoral in Indiens Gesellschaft hineinreicht. Frauenrechtlerinnen erhoffen sich von dem Prozess gegen den bekannten Medienmann daher eine Signalwirkung auch für andere Fälle von sexuellen Übergriffen am Arbeitsplatz. Tejpal soll im November vergangenen Jahres eine junge „Tehelka“-Journalistin und damit eine Abhängige zweimal sexuell bedrängt und gegen ihren Willen mit den Fingerspitzen vaginal penetriert haben. In Indien wird dies strafrechtlich als Vergewaltigung gewertet. Als die „Tehelka“-Chefredaktion versuchte, den Übergriff unter den Teppich zu kehren, brach die junge Frau erbost ihr Schweigen und ging an die Öffentlichkeit. Seit 30. November sitzt der Journalist in Untersuchungshaft. Nun wurde offiziell Anklage gegen den 50-Jährigen erhoben. Der beteuert zwar seine Unschuld, aber ständig wechselnde Versionen der Geschehnisse trugen nicht zu seiner Glaubwürdigkeit bei.

Der Fall zeigt, dass sich Indien seit der Schreckenstat vom Dezember 2012 allmählich verändert. Damals war eine junge Studentin von mehreren Männern vergewaltigt und so schwer gefoltert worden, dass sie zwei Wochen später ihren Verletzungen erlag. Die Gewalttat hatte zu Massenprotesten und einer breiten Debatte über sexuelle Gewalt geführt. Immer mehr Frauen wagen es inzwischen, aus der Opferrolle auszubrechen und ihr Schweigen zu brechen. Auch sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz wird nun mehr und mehr thematisiert.