Je größer das Auto, desto geringer das Unrechtsbewusstsein: Die Stuttgarter Grünen-Politikerin Heike Schiller ärgert sich über Autofahrer, die im Heusteigviertel ganz bewusst falsch parken.
S-Mitte - Große Autos mit breiten Reifen – wohin der Blick fällt, das Heusteigviertel scheint jene anzuziehen, die sich in der Großstadt für die Wildnis ausrüsten. Geländefähige Fahrzeuge, SUV genannt, parken an allen möglichen und möglichen Stellen. Eben überall dort, wo sich gerade eine Lücke auftut.
Die vielen Parksünder scheinen Sanktionen nicht zu fürchten. Das liege nicht nur daran, dass Streifen des Ordnungsdienstes nicht rund um die Uhr im Heusteigviertel unterwegs sein können, meint die Anwohnerin Heike Schiller. „Ich habe einen Nachbarn, der selbst aus Bequemlichkeit im Halteverbot parkt. Der meinte, dass er sich das Knöllchen ab und zu gut leisten kann“, sagt sie.
Schiller wohnt seit Langem im Heusteigviertel. Sie sitzt auch für die Grünenfraktion im Verband Region Stuttgart. Sie betont, dass es ihr nicht um verkehrspolitische Standpunkte ihrer Partei gehe, sondern um den Ärger der Anwohner.
Größere Autos, kleineres Unrechtsbewusstsein
Das Heusteigviertel sei wie viele andere beliebte Innenstadtquartiere gentrifiziert, meint sie, während sie die Christophstraße entlangläuft. Das heißt, das viele Anwohner über ein gutes Einkommen verfügen. Sie könnten sich größere Autos leisten. Ihre Geldbeutel schmerzt ein Strafzettel weniger. Die Politikerin berichtete dem Bezirksbeirat Mitte auf seiner jüngsten Sitzung, wie der Hang zu immer größeren Autos und der schwindende Respekts vor Verkehrsregeln in den engen Straßen des Heusteigviertels zum Problem wird. Schiller bat als Vertreterin der Anwohner die Mitglieder des Gremiums, die Lage bei einem Rundgang selbst in Augenschein zu nehmen. Die Bezirksbeiräte sagten dies zu.
Schiller ist nun auf der Route unterwegs, auf der sie die Bezirksbeiräte durch die Straßen des Quartiers führen will. Sie zückt ihr Smartphone und wischt über das Display, während sie die Christophstraße Richtung Schlosserstraße entlangläuft. Schiller öffnet ein Foto auf dem Handy nach dem anderen. Auf ihnen sind Autofahrer zu sehen, die entweder von der Straßenverkehrsordnung keine Ahnung haben oder sie bewusst ignorieren. Die Fotos zeigen Autos, die direkt unter Halteverbotsschildern halten. Andere stehen in Einfahren oder auf Fußgängerüberwegen und besonders gern an Ecken. Auf einem anderen Foto ist ein Fahrzeug zu sehen, das fast den gesamten Fußweg für sich beansprucht. „Fußgänger müssen auf die Fahrbahn ausweichen, auch Kinder oder Ältere “, sagt sie.
Sogar Baumbeete als Stellplatz
Der Rundgang bestätigt, was Schiller mit der Kamera ihres Smartphones dokumentiert hat. Fast an jeder Ecke, die nicht durch Poller geschützt ist, steht ein Auto. Fahrzeuge parken am Mozartplatz direkt unter einem Halteverbotsschild. Autos halten an der Bopserstraße auch auf Baumbeeten. „Deshalb sehen die oft so schlimm aus“, sagt Schiller.
Ihre Fotos und auch der Augenschein bestätigen, dass es sich bei einigen Falschparkern nicht um Anwohner, sondern um Auswärtige handelt. „Für alle, die von außerhalb kommen und in die Innenstadt wollen, ist das Heusteigviertel zum Parken ideal“, sagt Schiller.
Vor einem Café an der Mittelstraße hält ein Auto und blinkt, als würde der Fahrer gerade etwas abladen. Doch niemand schleppt Kisten. Ein Mann sitzt vor dem Café und raucht eine Zigarette zum Espresso. „Der macht einfach mal eine kleine Kaffeepause und versperrt solange die ganze Straße“ , vermutet Schiller. Sie spricht von einem Niedergang der Alltagskultur, der sich ihrer Meinung nach in der Geringschätzung der Straßenverkehrsordnung ausdrückt.
Die Verwaltung könne etwas tun, um zumindest einige Verstöße einzudämmen, findet Schiller. „Wenn an Straßenecken oder entlang der Gehwege Knödel stehen, kann niemand halten“, sagt sie. Mit „Knödel“ meint sie Poller und von ihnen wünscht sich Schiller mehr im Heusteigviertel. Die Verwaltung müsse das Recht zur Not mit physischen Barrieren durchsetzen, fordert sie. „Ich will nicht, dass Autofahrer weiter eingeschränkt werden. Ich will lediglich, dass sie sich an die bestehenden Einschränkungen halten“, sagt Schiller.