Im Zuge von Bauarbeiten an der Verbindung zwischen Sigmaringer Straße und der B 27 in Möhringen müssen 35 Bäume entfernt werden. Wenn die Baumaschinen weg sind, soll die Böschung der B 27 wieder bepflanzt werden. Eine Woche vorher mussten sich die Bewohner von Möhringen von 72 Bäumen verabschieden, die ebenfalls gefällt wurden. Die Bäume waren entweder schon abgestorben, kurz davor zu sterben oder zumindest nicht mehr standsicher.
Im gesamten Stadtgebiet gibt es rund 185 000 städtische Bäume, den Wald nicht mitgezählt. Im Durchschnitt wird ein Stadtbaum rund 70 Jahre alt bis er abstirbt. So erneuert sich der gesamte Bestand rechnerisch alle 70 Jahre. In Stuttgart betrifft das jedes Jahr rund 2600 Bäume. Die meisten davon stehen in waldähnlichen Strukturen und werden nicht aktiv gefällt. Sie sterben ab und fallen um. Auf der frei gewordenen Fläche wachsen mit der Zeit neue Bäume nach.
Fällungen für die Verkehrssicherheit
Bei absterbenden Bäumen an Straßen und in Grünanlagen muss die Stadt eingreifen, denn dort können umfallende Bäume für Menschen gefährlich werden. Bei rund 800 Stück pro Jahr greift das Forstamt zur Kettensäge. Die Zahl erscheint zunächst hoch, entspricht jedoch nur „0,4 Prozent des städtischen Baumbestands“, erklärt die Stadt. Auch der Naturschutzbund Stuttgart (NABU) hält 800 Fällungen pro Jahr für vertretbar. „Damit muss man wohl leben“, sagt Stefan Kress, der zweite stellvertretende Vorsitzende.
Viel höhere Ausfallquoten gebe es nach Kress häufig bei privaten Unternehmen, die für Ausgleichsmaßnahmen Bäume auf ihrem Firmengelände pflanzen und sie anschließend nicht pflegen würden. Viele junge Bäume seien sich selbst überlassen. So käme es bei Unternehmen laut NABU Stuttgart nicht selten zu „Ausfallquoten von 30 bis 40 Prozent“. Obwohl Baumeigentümer nach der Stuttgarter Baumschutzsatzung zum Schutz der Bäume verpflichtet seien, würden Verstöße häufig nicht geahndet werden.
Klimawandel macht Bäumen zu schaffen
Zwei große Probleme für die Bäume in Stuttgart sind Hitze und Trockenheit. Obwohl das Forstamt trockenheitsanfällige Bäume „mehrmals im Jahr gießt“, sind einige Bäume so geschwächt, dass sie anfällig für Parasiten und Pilze werden. Breiten sich die Pilze im Wurzel- oder Stammbereich aus, ist der betroffene Baum schnell nicht mehr standsicher und muss gefällt werden. Ein weiteres Problem liegt im geringen Platzangebot für einige Stadtbäume. Ihnen steht nur eine kleine Erdfläche zur Verfügung, häufig reicht der umliegende Asphalt fast bis zum Stamm. Dadurch kommt nur wenig Wasser in die Erde.
Möglichst viele Nachpflanzungen
Gefällte Bäume werden von der Stadt in der Regel am selben Ort nachgepflanzt. Das geht allerdings nur, wenn ausreichend Platz für den Baum und seine Wurzeln vorhanden ist. Ist der Abstand etwa zu Gebäuden oder Oberleitungen zu gering, kann ein gefällter Baum dort nicht ersetzt werden, heißt es von der Stadt. Wenn nachgepflanzt werden kann, würden dafür laut NABU Stuttgart teils ausländische Baumarten genutzt werden. Arten wie der ursprünglich aus Asien stammende Blauglockenbaum würden zwar besser mit der Trockenheit zurechtkommen, seien aber in Deutschland nicht heimisch. „Das ist ökologisch nicht ganz sinnvoll“, sagt Kress vom NABU Stuttgart.
Die städtischen Bäume werden alle sechs Monate bis 1,5 Jahre kontrolliert, abhängig davon, ob bei einem Baum bereits eine Krankheit festgestellt wurde oder nicht. Die Mitarbeiter vom Forstamt schauen vom Boden aus, ob die Bäume gesund aussehen. Die Stadt setzt dafür auch Technik ein: „Mittels Ultraschall wird gemessen, ob der Baum noch standsicher ist.“