Rund 170 000 Bäume muss die Stuttgarter Stadtverwaltung im Jahr kontrollieren, damit abbrechende Äste kein Sicherheitsrisiko darstellen. Dafür gibt es aber viel zu wenig Personal.

Stuttgart - Die Bäume in der Stadt werden immer mehr zum Sicherheitsrisiko, es gibt aber zu wenig Geld und vor allem zu wenig Personal, um die Verkehrssicherheit und die Bestandspflege zu gewährleisten. Und daran wird sich auch nichts ändern. Das ist das Fazit einer von Technikbürgermeister Dirk Thürnau (SPD) unterzeichneten Vorlage, die er dem Technischen Ausschuss präsentiert hat. Auf die Vorhaltung von SPD-Chef Martin Körner, es gehöre zu den Hausaufgaben der Verwaltung, im Vorgriff auf die Haushaltsberatungen die nötige Ausstattung anzumelden, antwortete Thürnau mit Verweis auf die Stellungnahme des fürs Geld zuständigen Finanzbürgermeisters Michael Föll (CDU): „Das können Sie vergessen.“

 

In den Budgetgesprächen mit seinen Bürgermeisterkollegen soll der Kämmerer eine kompromisslose Linie gefahren haben, damit die laufenden Ausgaben nicht zu sehr steigen und der Spielraum für Investitionen erhalten bleibe. Üblicherweise verweist er darauf, haushalts- und stellenrelevante Beschlüsse könnten erst in den Etatberatungen erfolgen. Bei der Baumkontrolle ist Föll auch der Ansicht, dass Thürnau keines seiner Kriterien zur Stellenschaffung erfülle.

Mehrarbeit durch neue gesetzliche Auflagen

Dazu gehören etwa 20 Prozent Mehrarbeit binnen drei Jahren oder neue gesetzliche Aufgaben. Wegen des ohnehin drohenden Stellenzuwachses zur Erfüllung von Pflichtaufgaben, trage er jedenfalls die Forderung nach sechs neuen Jobs und höheren Unterhaltskosten von einer halben Million Euro pro Jahr nicht mit. Sie erfolge ja nicht kostenneutral – Thürnau kann weder zusätzliche Einnahmen vorweisen, wie es etwa bei zusätzlichen Politessen der Fall wäre, noch eine vergleichbare Einsparung an anderer Stelle seines Referats.

Föll meint, das Sachgebiet „Baumverwaltung und zentrales Baumpflegeteam“ sei mit 20 Planstellen ausreichend ausgestattet. Er meint, das vorhandene Personal müsse die richtigen Prioritäten setzen und Spitzenbelastungen durch die Vergabe an Fremdfirmen abdecken. „Darüber kann ich nur lachen“, so Thürnau. „Ich habe kein Geld für Fremdvergaben, diesen Vorschlag kann man knicken.“

„Ohne zusätzliche Mittel und Personal kann die Verkehrssicherheit der städtischen Bäume derzeit nicht hergestellt werden“, heißt es in der Vorlage. Weil die gesetzlichen Maßnahmen viel Zeit in Anspruch nähmen, würde die allgemeine Pflege zu kurz kommen.

Das Alter des Baumbestandes steigt an

Auf den städtischen Flächen (ohne Wald) müssen jährlich etwa 170 000 Bäume kontrolliert werden. Davon sind rund 100 000 Bäume in einem Kataster erfasst. Immer mehr Bäume müssen verkehrssicher gemacht und fachgerecht gepflegt werden. Ursächlich dafür sind Hitze und Trockenheit, Sturmschäden und Schneelasten, neue Krankheiten und Schädlinge, das gestiegene Durchschnittsalter des Bestandes, aber auch Haftungsrisiken und Verurteilungen von Kontrolleuren und die erhöhten Sicherheitserwartungen der Öffentlichkeit.

Die notwendigen Behandlungen stiegen zwischen 2010 und 2014 von 9323 auf 24 102. Als vorrangige Maßnahmen zur Sicherung der Verkehrssicherheit wurden 2010 noch 571, 2014 dagegen 1941 Fälle bezeichnet. Die Zahl der aufwendigen Seilklettereinsätze stieg von 279 auf 1219.

Die Ergebnisse von Baumkontrollen bilden die Grundlage für das Management, das über die Vergabe an Fremdfirmen (im Umfang von etwa zwei Millionen Euro pro Jahr) befindet. Thürnau benötigt 780 000 Euro zusätzlich für Sachmittel, Vergabeleistungen und Personal.

Im Wald nimmt der Anteil der zu erhaltenen Bäume stetig zu – und damit die Verkehrssicherung. Der Waldrand ist 285 Kilometer lang, kontrolliert werden muss bis 30 Meter in den Wald hinein. Das ergibt 779 Hektar zu kontrollierende Fläche, zuzüglich 650 Objekte wie Erholungseinrichtungen von 122 Hektar. Diese Einrichtungen müssen statt bisher ein-, nun zweimal im Jahr untersucht werden.