Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen üben den Schulterschluss – und holen syrische Kampfstoffe zur Vernichtung nach Niedersachsen.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Schon rein fachlich sind Außen- und Verteidigungsminister jeder Bundesregierung zum Schulterschluss gezwungen. Im Außenamt werden unter der übergeordneten Regie des Kanzleramts die großen Linien der internationalen Politik einschließlich der Beteiligung an Auslandseinsätzen abgesteckt. Der Verteidigungsminister hat ergänzend dazu die Bundeswehr so aufzustellen, dass er jederzeit Truppenteile zu internationalen Missionen abkommandieren kann. Trotzdem ist es eher die Ausnahme, dass das Zusammenspiel der beiden Ressorts so demonstrativ hervor gehoben wird, wie Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) es getan haben.

 

Sie haben in einer gemeinsamen Mitteilung über die deutsche Unterstützung zur Beseitigung und Vernichtung chemischer Waffen aus dem syrischen Bürgerkrieg informiert. Ein solches Signal der Gemeinsamkeit hat es in der zu Ende gegangenen schwarz-gelben Legislaturperiode kein einziges Mal gegeben.

In Niedersachsen werden Kampfstoffe unschädlich gemacht

Kaum im Amt hat die schwarz-rote Bundesregierung zugestimmt, dass Reststoffe, die bei der Neutralisierung syrischer Chemiewaffen anfallen, auf deutschem Boden endgültig entschärft und entsorgt werden. Angeblich geht es um mehrere Hundert Tonnen Hydrolysat. Das ist ein Stoff, der bei der Zersetzung von Senfgas entsteht. Die Aufspaltung des hochgiftigen Senfgases besorgen allerdings auch weiterhin die USA auf einem Spezialschiff im Mittelmeer. Bisher hat Deutschland bei der Vernichtung dieser Kampfstoffe lediglich finanzielle und logistische Unterstützung außerhalb der Landesgrenzen geleistet. Künftig sollen Reststoffe dieses Prozesses im niedersächsischen Munster unschädlich gemacht werden. Die Bundesregierung kommt mit dieser Entscheidung einer Anfrage der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OVCW) nach.

Die Vernichtung der Chemiewaffen bewertete Steinmeier jetzt als „ersten, entscheidenden Schritt“ bei der Entschärfung des Syrien-Konflikts. „Ich finde, niemand darf sich verweigern, der dazu die technischen Kapazitäten zur Verfügung hat“, betonte der Außenminister. „Deutschland hat eine sichere Technologie und lange Erfahrung mit der Vernichtung von Reststoffen chemischer Kampfmittel“, setzte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hinzu. „Es ist sinnvoll, dass wir diese Fähigkeit in der internationalen Gemeinschaft einbringen und damit einen wertvollen Beitrag für den Friedensprozess leisten.“

Spezialfirma für Entsorgung chemischer Kampfstoffe

Praktisch wird diese Aufgabe von der Gesellschaft zur Entsorgung von chemischen Kampfstoffen und Rüstungsaltlasten (Geka) am niedersächsischen Truppenübungsplatz Munster übernommen. Die Firma ist eine bundeseigene Gesellschaft, die zum Geschäftsbereich des Verteidigungsministeriums gehört.

Entstanden ist die Geka aus Versuchs- und Produktionsstätten für Chemiewaffen, die Anfang des 20. Jahrhunderts geschaffen wurden. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs begannen zunächst die Briten, in Munster Kampfstoffe durch Sprengung zu vernichten. Von 1956 bis 2001 hat die Bundeswehr dort militärische Kampfmittel beseitigt. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums übernahm die Geka, bei der etwa 140 Mitarbeiter beschäftigt sind, die Anlage im Jahr 2001. „Wir sind das einzige Unternehmen in Deutschland, das chemische Kampfstoffe vernichtet“, erklärte der Geka-Geschäftsführer Jan Gerhard. Hauptaufgabe sei aber nach wie vor die sichere Entsorgung der Hinterlassenschaften der beiden Weltkriege.