Christina Bylow und Kristina Vaillant rechnen in ihrem Buch „Die verratene Generation“ mit Lebenslügen der Politik ab, die Frauen der Babyboomer-Jahre Altersarmut bescheren werden. Unsere Autorin Katja Bauer hat mit beiden gesprochen.
31.03.2014 - 11:32 Uhr
Stuttgart - „Die verratene Generation“ heißt ihr Buch, und was Christina Bylow und Kristina Vaillant damit meinen, das ist ihre eigene Generation: Frauen in der Lebensmitte, die merken mussten, dass es mit Chancengleichheit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und anderen Versprechungen, mit denen sie in den Siebzigern aufgewachsen sind, nicht weit her war.
Frau Bylow, Frau Vaillant, Sie gehören selbst zur Generation der Frauen, die zwischen 1958 und 1968 geboren sind. Was charakterisiert diese Generation?
Bylow Einerseits wurden wir mit dem Anspruch erzogen, dass uns alles offen steht. Aber dann haben wir schon als junge Frauen beobachtet, was sich wirklich abspielt: Wo sind eigentlich die Frauen in den interessanten, anspruchsvollen Berufen, und wo bleiben sie, sobald sie Kinder bekommen? Dazu kam eine klare Erwartungshaltung, wie Frauen als Mütter zu sein hätten. Zwischen diesen Ansprüchen den eigenen Weg zu finden, war schwer. Bei Familie und Beruf galt: entweder oder!
Für die Männer nicht.
Bylow Die meisten gutausgebildeten Männern unserer Generation haben Kinder und Karriere, und sie werden im Alter eine hohe Rente haben. Sie mussten sich nicht entscheiden.
Aus Ihrem Buchtitel „Die verratene Generation“ spricht durchaus Wut.
Bylow Ja. Über politische Weichenstellungen, die dazu führen, dass Frauen wie wir, die ihr ganzes Leben lang viel gelernt und gearbeitet haben, die Kinder erzogen haben, im Alter möglicherweise nicht genug zum Leben haben. Und dass diese Wut nicht nur ein Gefühl ist, zeigt die Berliner Professorin Barbara Riedmüller in ihrer Studie über die Rentenerwartung von Frauen im mittleren Lebensalter. Wir sind nicht die Ausnahme, das glaubt nur jede von sich – und gibt sich oft selbst die Schuld. Dabei gibt es klar benennbare Ursachen, und die sind in der Politik auch seit langem bekannt.
Der Studie zufolge wird mehr als jede dritte Frau Ihrer Generation von ihrer Rente nicht leben können, 40 Prozent der Frauen werden höchsten 600 Euro bekommen, obwohl 80 Prozent berufstätig sind. Wie kann das sein?