Stuttgart - Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sprach von einer bitteren Pille, und bezogen auf den Sport lässt sich rund um die am Mittwoch beschlossenen Corona-Maßnahmen sagen: Ja, es sind bittere Pillen, die Clubs und Athleten da schlucken müssen. Weil die Pille im Profibereich bald nicht mehr vor Zuschauern rollt oder durch die Luft fliegt. Und weil bei den Amateuren im November gar nichts mehr rollt. Höchstens die Augen bei den Verantwortlichen – bei denen bei allem Unverständnis über die harten Einschnitte Realitätssinn höchstes Gebot der Stunde sein sollte. So wie bei jedem Vertreter der Proficlubs auch.
Klar ist in diesen Zeiten, dass auch der Sport leidet. Und ja, insbesondere jene Proficlubs, die anders als der Fußball hauptsächlich auf Zuschauereinnahmen angewiesen sind, haben nun wieder Zukunftsängste. Die sind berechtigt. Und dass es sie gibt, ist schlimm genug.
Sie ändern aber nichts daran, dass die Verantwortlichen den jüngsten Beschluss mittragen sollten und nun nicht bei jeder sich bietenden Gelegenheit das eigene Interesse oder die Wichtigkeit der eigenen Liga betonen sollten. Klar geht es ans Eingemachte, bei einigen Clubs womöglich um existenzielle Fragen. Allerdings: angesichts stetig steigender Infektionsfälle sind die Infektionsorte und Anlässe immer schwieriger herauszufinden – weshalb das Hauptargument etlicher Profivereine, dass Sportveranstaltungen qua ausgeklügelter Hygienekonzepte bisher keine großen Risiken bergen würden, mehr und mehr ins Leere läuft.
Und überhaupt: Wie wäre es, wenn sich nun im November nur noch Menschen aus zwei Haushalten treffen dürfen, wenn alle Restaurants, Freizeitparks, Konzerthäuser oder Kinos dicht sind, aber jedes Stadion und jede Halle eines jeden Profivereins offen wäre für hunderte oder gar tausende Zuschauer?
Hier ginge es nicht nur um eine fatale Außenwirkung. Hier ginge es um einen gesellschaftlichen Riss und eine Bevorteilung des Sports, die nicht angemessen wäre. Kitas, Schulen oder den Einzelhandel offen zu lassen und stattdessen, so hart es klingen mag, bei weniger wichtigen Dingen harte Maßnahmen zu ergreifen, ist richtig. Und Fakt ist eines: Der Sport ist wichtig – aber er ist nicht das Wichtigste im Leben. Der Sport und seine Vereine aber, das sollte auch klar sein, haben als Anker der Gesellschaft am Ende ebenso finanzielle staatliche Hilfen verdient wie jeder notleidende Betrieb.
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