Der Marktführer Huk Coburg bietet als erster großer Versicherer in Deutschland eine Kfz-Police an, deren Höhe sich nach dem Fahrstil richten. Eine Blackbox im Auto speichert dafür die Daten über das Fahrverhalten.

Coburg - Bei Telematik-Tarifen für Kfz-Versicherte scharrt die Assekuranz in Deutschland seit einiger Zeit mit den Hufen. Darunter versteht man spezielle Policen, bei denen sich Kunden durch gesittete Fahrweise einen Rabatt auf ihre Versicherungsbeiträge erfahren können. Zum datenschutzrechtlichen Thema wird das, weil dazu mittels moderner Technik detaillierte Fahrdaten aufgezeichnet werden, was die Furcht vor einem gläsernen Autofahrer nährt. Um dieser Diskussion zu entgehen, haben die Größen der Branche von Telematik-Tarifen bislang die Finger gelassen. Damit ist nun Schluss.

 

Marktführer Huk Coburg startet in den nächsten Monaten, spätestens Anfang 2016 mit entsprechenden Angeboten. Das bestätigt der Konzern mit Sitz in Coburg auf Anfrage. Mehr verrät er nicht. Völlig zugeknöpft ist der Branchenführer, der hierzulande über zehn Millionen Autos versichert, bei den Vertragsdetails. Derzeit laufen Tests mit einer Blackbox, die in die Autos von Huk-Mitarbeitern eingebaut wurde, um Daten über ihr Fahrverhalten zu ermitteln. Auch die Wagen der Vorstände sind damit bestückt.

Datenerhebung mittels einer Blackbox im Auto

Entscheidend ist, wie die Huk es mit dem Datenschutz hält. Telematik-Tarife gibt es bereits im Ausland, etwa in Italien, Großbritannien und den USA. In Deutschland haben kleine Versicherer wie die Sparkassen Direktversicherung erste Policen am Markt. Das Prinzip der Datenerhebung ähnelt sich dabei. Ein Dienstleister sammelt die von der Blackbox gefunkten Daten und rechnet sie nach Vorgaben des Versicherers in Punkte um. Nur diese Punkte werden an die Versicherung übermittelt, die auf deren Basis den Tarif berechnet. Durch dieses System soll sichergestellt sein, dass ein Versicherer nicht erfährt, wie schnell ein Kunde fährt oder wo, ob er sich an Geschwindigkeitsbeschränkungen hält. All das fließt aber in den Punktewert ein, den ihm der Dienstleister übermittelt.

Bisherige Angebote arbeiten fast ausschließlich mit einem Bonussystem. Hat ein Fahrer einen guten Punktewert, wird die Versicherung billiger. In Deutschland sind das bei den wenigen Tarifen, die es bislang gibt bis zu 30 Prozent. Ob das dann wirklich günstig ist, bleibt offen. Denn das ist abhängig davon, wie teuer der ursprüngliche Tarif war. Möglicherweise fährt ein Fahrer mit einem nicht rabattierten Tarif immer noch billiger als mit einem um 30 Prozent verbilligten Telematik-Tarif.

Erzieherische Wirkung für Fahranfänger

Im Ausland arbeiten Versicherer auch mit einem Malus. Wer einen besonders risikoträchtigen Fahrstil an den Tag legt, bekommt dann einen Aufschlag auf seine Anfangsprämie. In Deutschland policiert bislang noch kein Versicherer so. Auch von der Huk ist das nicht zu erwarten. Der Marktführer genießt einen guten Ruf bei Verbraucherschützern und wird den kaum durch besonders aggressive Telematik-Tarife riskieren. Klar ist aber auch, dass der Einstieg der Coburger in dieses Segment in der Branche nicht ohne Nachhall bleibt.

„Telematik-Tarife wären mit eCall sowieso 2018 in Schwung gekommen, nun wohl früher“, erklärt der Vertreter eines großen deutschen Versicherers. eCall ist das Unfallnotrufsystem, das nach dem Willen der EU ab 2018 in jeden Neuwagen eingebaut werden muss. Seine primäre Aufgabe ist es, bei einem Umfall per Mobilfunk und im Auto serienmäßig eingebauter SIM-Karte Unfalldaten an eine Rettungsleitstelle zu funken, die dann Hilfe in Marsch setzt. Die Technik kann aber auch anderweitig genutzt werden, zum Beispiel von Versicherern für Telematik-Tarife.

Zudem gibt es Pläne für eine Aufrüstung von Gebrauchtwagen mit einer Blackbox. Das Gerät, das die Huk für ihren 2016 startenden Tarif benötigt, muss der Versicherte möglicherweise auf eigene Kosten einbauen lassen. Auch dieses Detail ist noch offen. Eine Blackbox kostet üblicherweise gut 100 Euro. Interessant wäre ein Telematik-Tarif dann vor allem für Fahranfänger, die in der Regel hohe Beiträge zahlen müssen und bei gesitteter Fahrweise rechnerisch mehrere hundert Euro pro Jahr sparen könnten. Befürworter der Telematik-Tarife sagen, dass sie dadurch auch einen erzieherischen Effekt haben.