Ein 20-Jähriger soll versucht haben, einen 19-Jährigen zu töten. Dabei hatten sich die Beiden erst an dem Tatabend kennengelernt. Nun muss er sich vor dem Landgericht Stuttgart verantworten.

Stuttgart - Alkohol trinke er, um nicht mehr so schüchtern zu sein, gibt der Angeklagte mit leiser Stimme vor dem Stuttgarter Landgericht an. Der schmale 20-Jährige, der bei seinen Großeltern in Gärtringen lebt, ist oft kaum zu verstehen, seine Antworten sind einsilbig. Tatsächlich wirkt er schüchtern, wenn auch seine zahlreichen Tätowierungen wohl einen anderen Eindruck vermitteln sollen.

 

Die Tat, die er laut der Anklage im vergangenen September begangen haben soll, zeichnet ein ganz anderes Bild des Jugendlichen, der einen Hauptschulabschluss machte, anschließend aber die Ausbildung und die Berufsschule abbrach. Denn vor der Großen Jugendstrafkammer des Landgerichts muss er sich wegen versuchten Mordes, räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Alkohol spielte nicht nur bei der Tat eine Rolle, er gehört zum Leben des 20-Jährigen. „Ich habe schon darüber nachgedacht, weniger Alkohol zu trinken, aber wenn ich mit meinen Freunden zusammen war, war das schwierig“, sagt er. Auch Marihuana und Kokain habe er gelegentlich konsumiert, jedoch nicht am Tatabend.

Die beiden Jugendlichen wollten Streit vor der Türe klären

Laut der Anklageschrift soll der bereits wegen Gewaltdelikten Vorbestrafte in einer Tanzbar in Herrenberg mit einem 19-Jährigen in Streit geraten sein. Beide waren sehr betrunken und wollten die Sache vor der Türe klären. Daraufhin soll der Angeklagte den 19-Jährigen überredet haben, ihm in Richtung des Sportplatzes zu folgen. Mit Hilfe eines Handys, das sein Opfer für eine Waffe hielt, brachte er es dazu, sich bis auf die Boxershorts zu entkleiden und ihm sein Handy, seinen Geldbeutel und seine Uhr abzunehmen. Anschließend soll der 20-Jährige den anderen dazu gebracht haben, mit ihm zur Sparkasse zu gehen, um an weiteres Geld zu kommen. Die Staatsanwältin vermutet, dass der 20-Jährige seine Schulden bei Amazon in Höhe von 8000 Euro tilgen wollte. Auf dem Weg zur Sparkasse versuchte sein Opfer jedoch zu fliehen. Daraufhin soll der Angeklagte beschlossen haben, sein Opfer zu töten, um die vorherige Tat zu vertuschen. Im Würgegriff soll er ihn zu Boden gerungen, seinen Kopf gegen den Bordstein geschlagen und ihm ins Genick getreten haben.

Als der 19-Jährige das Bewusstsein verlor, soll der 20-Jährige davon ausgegangen sein, dass er tot war und ihn in einem Waldstück abgelegt haben. Ein Passant fand den Verletzten gegen 3 Uhr und brachte ihn zu seiner Mutter. Der Jugendliche kam mit einer Gehirnerschütterung und Prellungen noch vergleichsweise glimpflich davon – schwere Hirnverletzungen wären laut Anklage möglich gewesen, ebenso hätte er an den blutenden Wunden im Mund während seiner Bewusstlosigkeit ersticken können. Dabei hatten sich die beiden jungen Männer nach Aussagen des Beschuldigten erst in der Tanzbar kennengelernt. „Er folgte mir ständig. Ich war genervt von ihm“, sagt er. Ob er sich von dem anderen beleidigt gefühlt habe, will der Vorsitzende Richter Joachim Holzhausen wissen, der dem Angeklagten rät, reinen Tisch zu machen. „Ich weiß es nicht“, sagt dieser.

Angeklagter wirkt ratlos

Ein Satz, den er häufig sagt. Ob es um das Alter seiner Eltern geht, seine Schwierigkeiten, eine Arbeit zu finden, oder um seine Beweggründe für die Tat: Der Angeklagte wirkt ratlos. Dass er den 19-Jährigen töten wollte, bestreitet er aber. Er habe ihn zwar zu Boden gerungen, ihm anschließend aber gesagt, dass er dort liegen bleiben solle. Dann sei er gegangen sein. „Er war nicht bewusstlos, sondern hat noch geantwortet“, beteuert der Angeklagte. Warum er jedoch danach zum Sportplatz ging und die Kleidung seines Opfers mitnahm? „Ich weiß es nicht.“

Die Verhandlung wird am Mittwoch, 20. März, fortgesetzt.