Es ist fast schon ein wenig irritierend, in welcher Seelenruhe Christos Zounzouras davon erzählt, was am Montagabend in seinem Jägerhaus in Kirchheim am Neckar passiert ist. Als wäre es eine ganz normale Situation im Leben eines Gastwirts gewesen, als hätte der 72-Jährige schlicht so reagiert, wie sich jeder andere in seiner Lage verhalten hätte. Dabei hatte der Vorfall am Montagabend rein gar nichts mit dem Gasthausalltag zu tun – Zounzouras wurde ausgeraubt.
Das heißt, er hätte ausgeraubt werden sollen. Zumindest wenn es nach den beiden Männern gegangen wäre, die gegen 20.30 Uhr im Jägerhaus standen. Die haben die Rechnung aber wortwörtlich ohne den Wirt gemacht, denn der setzte sich zur Wehr.
„Erschieß mich doch.“
Doch von vorne: Zwei vermummte Männer, so sagen es Zounzouras und der Polizeibericht, betreten am Montagabend das Jägerhaus in der Kirchheimer Hauptstraße. Der eine mit einem Messer, der andere mit einer Pistole bewaffnet. Sie schlagen dort auf die Theke, brüllen nach dem Chef. „Ich saß schon dort, habe ferngeschaut“, so Zounzouras. Er gibt sich zu erkennen, worauf der Mann mit der Pistole ihn bedroht: „Gib das Geld her oder ich erschieße dich.“
Davon lässt sich der Wirt laut eigener Aussage allerdings nicht beeindrucken, stattdessen antwortet er: „Erschieß mich doch.“ Keine Reaktion. „Hau jetzt ab, bevor ich aufstehe.“ Daraufhin will ihn der Mann mit dem Messer angreifen, tritt mit dem Fuß einen Tisch in seine Richtung. Also steht Zounzouras auf. „Ich wollte ihm eine klatschen, aber er ist mir entwischt“, sagt er. „Als sie gesehen haben, dass ich keine Angst vor ihnen habe, sind sie abgehauen.“ Zounzouras rennt ihnen sogar noch hinterher, aber die Räuber sind zu schnell – „dafür bin ich wohl doch zu alt“, sagt der 72-Jährige.
„Ich lasse mir nicht von solchen Arschlöchern das Geld aus der Tasche ziehen.“
Zurück im Jägerhaus ruft Zounzouras die Polizei und beruhigt sich schnell wieder. Die beiden Männer schienen von ihrem äußeren Erscheinungsbild keinen besonderen Eindruck auf ihn gemacht zu haben. Der Wirt beschreibt beide als zwischen 1,60 und 1,70 Meter groß, etwa 20 Jahre alt und eher schmächtig. Selbst die Schusswaffe brachte ihn nicht aus der Fassung. „Sterben muss ich sowieso irgendwann, ob heute oder morgen, das ist egal“, sagt er und zuckt mit den Schultern. „Aber ich lasse mir nicht von solchen Arschlöchern das Geld aus der Tasche ziehen.“
Eigentlich wirkt Christos Zounzouras wie ein eher gemütlicher, redseliger Kerl. Er spricht mit griechischem Akzent und schwäbischem Zungenschlag, hat zudem immer einen lustigen Spruch auf Lager. Nur blöd kommen, daran lässt er keinen Zweifel, darf man ihm nicht. Bereits seit 1980 betreibt er in Kirchheim das Jägerhaus, eine Situation wie am Montagabend habe er in all den Jahren nicht erlebt. „Es gab schon mal eine Schlägerei, aber damit bin ich fertig geworden“, sagt er.
Ein paar Mal wurde er auf den Vorfall bereits angesprochen
Gäste hatte der Wirt am Montagabend kaum in seinem Lokal. Zwei, die in der Nähe saßen, hätten zumindest das Geschrei gehört, drei andere im Nebenraum bekamen laut Zounzouras dagegen überhaupt nichts mit. Mittlerweile hat der Vorfall die Runde gemacht, ein paar Mal sei er im Jägerhaus darauf angesprochen worden. Auch Verwandte aus Bietigheim und Sachsenheim hätten ihn schon voller Sorge angerufen, so der Wirt. „Mir hat es nichts ausgemacht, es ist ja gut gegangen.“
Der Polizei sind Vorfälle wie in Kirchheim nicht unbekannt, es komme immer mal wieder vor, dass sich jemand gegen einen Überfall zur Wehr setze. „Manche treten forsch auf, und es wirkt“, so ein Sprecher der Polizei Ludwigsburg. „Aber das kann natürlich auch schwer nach hinten losgehen. Vor allem, wenn eine Schusswaffe im Spiel ist.“ Von den beiden Männern fehlt bislang weiter jede Spur, nach ihnen wird wegen versuchter räuberischer Erpressung gefahndet.
Christos Zounzouras blickt gelassen in die Zukunft. Er will sich nun wieder auf seinen Alltag als Gastwirt im Jägerhaus konzentrieren. Weiter in Ruhe das tun, was ihm auch im Alter noch Spaß macht. „Manche Leute wollen heute einfach schnelles Geld verdienen“, ordnet er den versuchten Überfall für sich ein: „Aber nicht mit mir.“