Vespa World Days Treffpunkt der Motorroller-Fans
Vespa-Fahrer aus aller Welt treffen sich einmal im Jahr, immer an einem anderen Ort. Dieses Jahr sind Fans aus 54 Ländern nach Pontedera in die Toskana gereist. Stolze Fahrer dominieren die Straßen.
Vespa-Fahrer aus aller Welt treffen sich einmal im Jahr, immer an einem anderen Ort. Dieses Jahr sind Fans aus 54 Ländern nach Pontedera in die Toskana gereist. Stolze Fahrer dominieren die Straßen.
Die Vespa ist sicher eines der erfolgreichsten Produkte der italienischen Industrie und längst eine Ikone, die in vielen Filmen verewigt ist. Produziert wird sie, außer in Vietnam, Indien und Indonesien, vor allem im toskanischen Pontedera bei Pisa, wo in den letzten Tagen zum 57. Mal die Vespa World Days (früher Eurovespa) stattfanden. Es ist eine Art Volksfest der riesigen Fangemeinde des knatternden Gefährts, die jedes Jahr an einem anderen Ort stattfindet, mehrmals auch schon in Deutschland, etwa in Pforzheim. In diesem Jahr nahmen mehr als 10 000 Vespa-Fahrer aus der ganzen Welt teil.
Höhepunkt der sich über vier Tage hinziehenden Veranstaltung war die große Parade am Samstag. In teilweise aufwändigen Kostümen mit bisweilen historischen Zweirädern fuhren die stolzen Fahrer durch die Straßen der Kleinstadt.
Dass die Feinstaubbelastung entlang der Strecke vermutlich alle Rekordwerte übertraf, störte wohl nur wenige der Vespafahrer und der Zuschauer, die die Straßen säumten. Viele von ihnen stärkten sich an einem der zahlreichen Essensstände, erwarben Souvenirs oder in Lizenz hergestellte Kleidungsstücke, Taschen und andere Accessoires.
Angeblich gibt es allein in Italien etwa 1000 Vespa-Clubs, Fangemeinden begeisterter Kunden. Dazu dürften mehrere hundert weitere selbst in fernen Ländern wie Australien, Hongkong, Puerto Rico oder den Philippinen kommen, von denen etliche nach Pontedera gekommen sind. Den Angaben zufolge waren Fans aus 54 Ländern auf fünf Kontinenten da, die rund 700 Clubs repräsentierten.
Die Vespa ist das wichtigste Produkt des 140 Jahre alten Piaggio-Konzerns, der 2023 bei einem Umsatz von knapp zwei Milliarden Euro auf einen Rekord-Nettogewinn von 91,1 Millionen Euro kam. Zum weltweit drittgrößten und Europas größtem Zweiradkonzern gehören neben dem Gewinnbringer Vespa, die seit Produktionsbeginn 1946 mehr als 20 Millionen mal vom Band lief, auch der auf der gleichen Basis produzierte dreirädrige Kleintransporter Ape, der Transporter Porter sowie die Marken Gilera, Beverly, Medley, Moto Guzzi und Aprilia. Die beiden letztgenannten Marken werden nicht in Pontedera gefertigt, sondern in Mandello am Comer See und in Noale in Venezien.
Pontedera mit seinen rund 3700 Beschäftigten ist das unumstrittene Zentrum von Piaggio und wirkt wie eine Art Mini-Wolfsburg. Die im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstörten und dann wiederaufgebauten Produktionsgebäude des früheren Flugzeugherstellers, ziehen sich über Kilometer die Bahnlinie zwischen Pisa und Florenz entlang. Auf der anderen Seite der Schienen liegt Pontedera, wo fast jeder Bewohner in irgendeiner Weise mit Europas größtem Zweiradkonzern verbunden ist.
Das börsennotierte Unternehmen wird mehrheitlich von der Familie des früheren Telecom-Italia-Chefs Roberto Colaninno kontrolliert, der Piaggio 2003 übernommen hat und im August 2023 gestorben ist. Seither leiten seine beiden Söhne Matteo und Michele das Unternehmen. Zusammen mit ihrer Mutter Orietta Schiavetti kontrollieren sie die Mehrheit an dem Konzern.
Zu den großen Herausforderungen von Piaggio, das sich über die amerikanische Tochter Piaggio Fast Forward auch mit den Themen Robotik und Mobilität der Zukunft beschäftigt, gehören auch neue Antriebsformen. Es gibt bereits eine Elektro-Vespa, die jedoch nur einen kaum messbaren Anteil zu den Verkäufen beiträgt. In diesen Tagen kommt eine Vespa mit einem im Wohnzimmer aufladbaren herausnehmbaren Akku auf den Markt, die Piaggio 1+.
Mit KTM, Honda und Yamaha wird an der Weiterentwicklung austauschbarer Batterien gearbeitet. Die DNA der Piaggio-Gruppe solle sich „von einem auf Mechanik beruhenden Konzern zu einem auf Basis von Elektronik und Elektro entwickeln“, sagte Unternehmens-Chef Michele Colaninno kürzlich. Davon war zumindest in Pontedera in den letzten Tagen wenig zu spüren.