Die Vesperkirche in der Ludwigsburger Friedenskirche geht trotz der Pandemie zumindest annähernd normal über die Bühne.

Ludwigsburg: Andreas Hennings (hen)

Ludwigsburg - Die Vesperkirche steht für Miteinander, für Verbindung, für Gespräche. Etwas, das in Corona-Zeiten selten geworden ist. In Ludwigsburg entschied sich das Leitungsteam dennoch dafür, das dreiwöchige Angebot wieder auf die Beine zu stellen. Wie ungewöhnlich das ist, zeigt sich daran, dass die anderen Vesperkirchen in der Region einzig Essen zum Mitnehmen anbieten, wie auch Ludwigsburg im Vorjahr.

 

In diesem Jahr geht die Veranstaltung in der Friedenskirche zumindest ansatzweise wieder herkömmlich und mit rund 300 Helfern über die Bühne. Seit Sonntag und bis 6.  März wird zwischen 12 und 13.45 Uhr zur warmen Mahlzeit, zu Kaffee oder auch zu Kuchen geladen. Willkommen ist jedermann. Jung und alt, arm und reich. Die Voraussetzung: 2G-Plus. Wer das nicht nachweisen kann, kann das Essen stattdessen mit nach Hause nehmen.

Ein bewusstes Zeichen der Hoffnung

„Wir wollen bewusst die Hoffnung hochhalten, dass nicht alles der Pandemie zum Opfer fällt. Wir versuchen, die Begegnungen und die geltenden Bestimmungen unter einen Hut zu bekommen“, sagt Pfarrerin Gisela Vogt, die die Vesperkirche mit Sozialberaterin Bärbel Albrecht leitet. Beide sind von Beginn an dabei, es ist ihr 13. Jahr. In den vergangenen Monaten machten sie sich nicht wenige Sorgen. Kann es wirklich stattfinden? „Wir haben im Wissen geplant, dass die Vesperkirche auch kurzfristig abgesagt oder abgebrochen werden kann“, sagt Vogt. Das Risiko wollten sie eingehen. An den ersten drei Tagen lief nun auch alles wie erhofft.

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Nur die Zahl der Gäste dürfte etwas höher sein. „Es war aber immer so, dass sich erst herumsprechen muss, dass die Vesperkirche wieder stattfindet“, blickt Bärbel Albrecht auf die Jahre vor Corona zurück. Darauf ruht erneut die Hoffnung, auch wenn die früher üblichen Besucherzahlen nicht erreicht werden dürften. „Manche trauen sich in dieser Situation auch nicht hier her, haben Angst“, weiß Gisela Vogt. Sie macht deutlich, dass man sich diesmal davon lösen müsse, in Zahlen zu denken, was Mahlzeiten und Besucher pro Tag angehe. „Gerade jetzt ist jede einzelne Begegnung hier wichtig.“ An den ersten Tagen blieben manche Tische frei, an anderen saßen Personen für sich allein. Auch am Dienstag, als manche von ihnen dafür die Gelegenheit nutzen, um mit den Ehrenamtlichen zu plauschen. Einige Tische sind aber auch mit der Maximalzahl von vier Personen besetzt. Auch eine große Gruppe junger Erwachsener ist gekommen.

Selbst ein Gast aus Stuttgart ist gekommen

Einer der Gäste an diesem Tag ist Peter. Der 57-Jährige ist eigens für die Vesperkirche aus Stuttgart gekommen. „Ich bin begeistert, dass die Vesperkirche stattfindet. Das ist einfach ein toller Ort hier und es geht familiärer zu als in Stuttgart“, sagt er. In der Landeshauptstadt kann das Essen diesmal nur mitgenommen werden. „Als ich von einem Bekannten hörte, dass es hier anders ist, war klar, dass ich nach Ludwigsburg kommen möchte“, sagt Peter. Er sei überrascht gewesen, dass die Vesperkirche stattfindet. „Aber jetzt beim Besuch auch, dass nicht ganz so viel los ist.“

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Langweilig wird’s den Ehrenamtlichen trotzdem nicht. Da coronabedingt das Mittagessen und danach Kaffee und Kuchen am selben Tisch serviert werden, haben sie weitere Wege zurückzulegen. Das Selbstbedienungscafé wurde aufgelöst, um Besucherbewegungen in der Kirche zu reduzieren. Verzichtet wird ansonsten neben den Konzerten auf die Suppe, dafür gibt’s mehr Salat. Der Grund: „Wir möchten, dass die Gäste, die das Essen abholen, das gleiche bekommen wie die Gäste, die in der Kirche essen“, sagt Bärbel Albrecht. Denn bei der Vesperkirche sind alle gleich, auch während Corona.

Das Essen kann auch abgeholt werden

Dass die Essensmitnahme mit Registrierung per QR-Code oder auf dem Papier reibungslos funktioniert, ist unter anderem Guido Heinemann zu verdanken. Seit Jahren engagiert er sich bei der Vesperkirche, erst beim Auf- und Abbau, dann in der Spülküche, inzwischen in der Technik. „Als Mädchen für alles“, sagt er lachend. Als Hausmeister oder bei der Tafel bringt er sich an anderen Tagen ein, was ihm seit Januar eine Vollzeitstelle beim Kreisdiakonieverband einbrachte. Der Vesperkirche sei Dank.

Essen vor Ort oder zuhause: beides ist in der Vesperkirche möglich

Essen in der Friedenskirche
an der B 27 in Ludwigsburg ist bis Sonntag, 6. März, täglich von 12 bis 13.45 Uhr möglich. Für die Mahlzeit kann ein Geldbetrag gespendet werden. Es gibt ein Gericht mit und eins ohne Fleisch. Nachgewiesen werden muss 2G-plus, also 2G mit Boosterimpfung oder einem offiziellen, aktuellen Test. Um 12.45 Uhr gibt’s das Wort zur Mitte des Tages, in dem am Dienstag der Kreisdiakonie-Geschäftsführer Martin Strecker auf den Satz von Augustinus einging: „Die Stadt besteht nicht nur aus Häusern und Straßen, sondern auch aus Menschen mit ihren Hoffnungen.“ Die Vesperkirche zeige: Jeder Einzelne gehört zu einer Stadt.

Essen zum Mitnehmen
ist am Hinterausgang möglich. Die Vesperkirche hat hochwertige Mehrwegboxen ausgeliehen bekommen, damit Müll reduziert wird. Deshalb braucht’s eine Registrierung per Handy oder Ausweis. Wer die Box an den Tagen danach zurückbringt, nimmt automatisch an einer Tombola teil.