Frühe Führung, dann zwei Elfmeter gegen sich und eine Hälfte lang in Unterzahl – umso zufriedener ist der VfB mit dem 1:1 bei Eintracht Braunschweig. Und der Blick auf die Tabelle macht auch weiterhin Spaß.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Braunschweig - Es gab Montagabend, kurz nach 22 Uhr, nicht mehr viele dieser grauen Trikots mit dem schwarzen Brustring, die nicht mit dunkelbraunen Flecken beschmutzt waren. Die Zweitligaprofis des VfB Stuttgart hatten gekämpft, sich in Flanken und Schüsse geworfen, zahlreiche Zweikämpfe geführt – und waren im strömenden Regen von Braunschweig ein ums andere Mal zu Boden gegangen. Nun waren die 90 Minuten des Duells mit der heimischen Eintracht vorüber – und all der Einsatz hatte sich gelohnt. Die Siegesserie nach zuletzt fünf Erfolgen war zwar gerissen, der VfB hatte sich allerdings gegen einen direkten Konkurrenten im Aufstiegsrennen einen wichtigen Punkt erkämpft. Das Zustandekommen dieses 1:1 machte ihn noch ein bisschen wertvoller. „Es war unendlich schwierig“, sagte VfB-Trainer Hannes Wolf.

 

Dabei hatte zunächst alles danach ausgesehen, als ob auch der Herbstmeister kein Team mehr ist, das den VfB auf seinem direkten Weg zurück in die erste Liga würde aufhalten können. Gerade einmal drei Minuten waren vor 23 000 Zuschauern gespielt, da wies die aktuelle Zweitligatabelle eine wahre Luxuslage für die Mannschaft von Trainer Hannes Wolf aus. 1:0 führte der VfB da bereits, weil der schnelle Carlos Mané einen verunglückten Rückpass von Ken Reichel erreichte und eiskalt abschloss. Bedeutete tabellarisch: acht Punkte Vorsprung auf Platz drei, gar zehn auf die Braunschweiger auf dem vierten Rang. Die Weiß-Roten, diesmal in Grau-Schwarz angetreten, kontrollierten das Geschehen – doch als die Ballverluste mit der Zeit häufiger und der Druck der Gastgeber ab Mitte der ersten Hälfte größer wurde, spielten die Gedanken an die Tabelle plötzlich keine Rolle mehr. Es gab anderen Gesprächsstoff. Und viel davon.

Wolf ärgert sich über wiederkehrende Fehler

„Es war ein bisschen wie im Jahr 2016“, ärgerte sich Trainer Wolf, „wir haben gut angefangen, dann aber aufgehört und nur noch verwaltet.“ Und bereits in der 31. Minute hatte die Stuttgarter Passivität eine erste Konsequenz. Emiliano Insua nahm bei einem Zweikampf gegen Hendrick Zuck die Hände ein wenig zu sehr zur Hilfe. Schiedsrichter Benjamin Brand entscheid auf Elfmeter – doch Mitch Langerak war gegen Mirko Boland im richtigen Eck und mit der linken Hand am Ball. Doch schon wenig später sah sich der Stuttgarter Keeper erneut einem Braunschweiger Strafstoßschützen gegenüber. Und diesmal waren die Folgen weitaus schlimmer.

Zum einen ließ sich Ken Reichel die Chance auf Wiedergutmachung nicht entgehen und traf in der 42. Minute zum 1:1. Zum anderen wurde die Aktion, die zum Elfmeterpfiff geführt hatte, von Schiedsrichter Brand auch noch mit der Gelb-Roten Karte gegen Innenverteidiger Marcin Kaminski (er hatte gegen Gustav Valsvik kurz geklammert) geahndet. „Das muss man nicht, kann man aber so geben“, sagte Wolf, dessen Team also die komplette zweite Hälfte versuchen musste, den einen Punkt in Unterzahl ins Ziel zu retten. Und dieses Unterfangen wurde zu einem wahren Kraftakt.

Sieben Punkte Vorsprung auf Rang vier

Tiefer Boden, Braunschweiger Dauerdruck – aber auch eine VfB-Abwehr, die sich leidenschaftlich den Angriffen entgegenstellte. Rechts Jean Zimmer, links Emiliano Insua, in der Mitte Timo Baumgartl und der eingewechselte Benjamin Pavard. Vorne sorgte der schnelle Takuma Asano, ebenfalls von der Bank gekommen, ab und an für Entlastung. Berkay Özcan, überraschend für den Japaner ins Team gerutscht, war nach einer unauffälligen Leistung zur Pause wieder ausgewechselt worden.

Ein paar Möglichkeiten hatten die Braunschweiger in Hälfte zwei noch, im Großen und Ganzen aber ließen die Stuttgarter nicht mehr viel zu, weshalb Wolf ein am Ende zufriedenes Fazit zog: „Wir haben uns selbst in Schwierigkeiten gebracht. Wie die Mannschaft dann aber damit umgegangen ist, war fantastisch.“ Und auch der Blick auf die Tabelle macht weiter Spaß.

Vor dem Heimspiel am Freitag (18.30 Uhr) gegen den VfL Bochum führt der VfB (48 Punkte) die zweite Liga vor Union Berlin (44) an, Hannover 96 liegt auf dem Relegationsplatz schon sechs Zähler zurück, auf Rang vier (Eintracht Braunschweig) sind es sieben Punkte Vorsprung. „Wir können mit dem Punkt sehr gut leben“, sagte Abwehrchef Timo Baumgartl daher. Der am Montagabend herausragende Mitch Langerak mahnte dennoch: „Jeder kann in dieser Liga jeden schlagen, und es gibt keine einfachen Spiele.“ Die Partie in Braunschweig dient als Beweis und Warnung zugleich.